Full text: Sozialpolitik in Österreich 1919 bis 1923

Referat 
des Abgeoroͤneten Ferdinand Hanusch 
auf dem Zweiten österreichischen 
Gewerkschaftskongreß. 
Erwarten Sie nicht, daß ich Ihnen die Geschichte der 
Zogzialpolitik in Osterreich darstelle. Wenn ich das wollte, 
müßte ich bei Moses anfangen und bei Schmitz endigen. 
Heiterkeit.) Moses war der erste Sozialpolitiker, er hat als 
erster verlangt, daß die Arbeitszeit nur von Sonnenaufgang 
bis Sonnenuntergang währe, ihm haben wir es zu verdanken, 
daß wir einen Sonntag haben. Solange es Menschen gab, die 
um Lohn arbeiteten, gibt es auch Menschen, die Schutz für die 
Arbeitenden verlangen. Zum erstenmal in Osterreich wurden 
in der Revolution des Jahres 1848 Forderungen zum Schutze 
der Arbeiter erhoben. Natürlich damals ohne Erfolg. Erst 
10 Jahre später gab es in Osterreich eine sogenannte sozial— 
volitische Ara. Damals wurde die Gewerbeinspektion, der Elf— 
stundentag, die Kranken- und Unfallversicherung gesetzlich fest— 
zelegt. Daß damals gewisse soziale Gedanken zum Durchbruch 
kamen, ist darauf zurückzuführen, daß man hoffte, den Sozial— 
demokraten durch kleine soziale Reformen den Wind aus den 
Segeln zu nehmen. Als man einsah, daß diese Hoffnung sich 
nicht erfüllt, kühlte sich auch das Interesse für Sozialpolitik 
sehr rasch ab. Während der neunziger Jahre und in den ersten 
Jahren unseres Jahrhunderts wurde auf sozialpolitischem 
Gebiet nichts erreicht. Man warf sich dann auf die Angestellten 
in der Hoffnung, sie dem Bürgertum zu erhalten, man schuf 
im Jahre 1909 die Pensionsversicherung für die Angestellten. 
Daß auch diese Hoffnung der Bürgerlichen sich nicht erfüllte, 
ist zu gut bekannt. Heute ist auch die Angestelltenfreundlichkeit 
bei den Bürgerlichen vorüber. Während des Krieges wurde 
von den bestehenden sogzialpolitischen Einrichtungen manches 
abgebaut. Es ist noch in zu guter Erinnerung, welch brutale 
Bewalt die Arbeiter während des Krieges zu erleiden hatten. 
Frit während des Umsturzes und nach dem Umsturz war es
	        
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