Full text: Sozialpolitik in Österreich 1919 bis 1923

Notfallsunterstützung zum Ablauf hätte kommen sollen und nun 
auch diese Gefahr abgewendet werden konnte, und in Würdigung 
der durch diese Novelle zur Einführung gelangten Kinderzuschüsse 
(pro Kind 5 Progzent), wodurch die minimale Erhöhung der Unter— 
stützungssätze einigermaßen ausgeglichen wurde, darf das Errungene 
immerhin als ein Erfolg gebucht werden. Um so mehr, als damit 
auch der Hauptangriff auf dieses Stück Sozialpolitik tatkräftig 
abgewehrt wurde. 
Dieser Lichtblick vermag neben der beim Kapitel Kranken— 
versicherung besprochenen Neuerung allerdings nicht über andere 
Schattenseiten hinwegzutäuschen, die sich während des Bestandes dieser 
Versicherung ergeben haben. Hiezu zählen unter anderem die Be— 
schränkung, daß Jugendliche unter 16 Jahren und Ausgelernte nur 
dann Anspruch auf die Unterstützung haben, „sofern sie mangels 
Angehöriger, die ihren Lebensunterhalt bestreiten, seit mindestens 
drei Monaten, vom Tage der Geltendmachung des Anspruches auf 
die Arbeitslosenunterstützung zurückgerechnet, sich selbst zu erhalten 
gezwungen sind oder mit Eltern, Großeltern oder Geschwistern im 
Familienverband leben und bisher den Unterhalt dieser Personen 
ganz oder zum überwiegenden Teil bestritten haben“. Ferner der 
Ausschluß der Hausgehilfen und der in der Land- und Forstarbeit 
beschäftigten Arbeiter sowie der Entzug dieses Rechtes für Arbeits— 
lose in Orten mit vorwiegend ländlicher Bevölkerung. Schließlich 
sei noch auf den bereits angedeuteten Umstand verwiesen, daß die 
Regierung die Gelegenheit benützte, um den seinerzeitigen Zuschuß 
in der Höhe eines Drittels auf 16 beziehungsweise 14 Prozent 
herabzusetzen und die Gemeinden mit einem vierprozentigen Zuschuß 
zu belasten. Diese Aufteilung ist deshalb so schwerwiegend, weil 
gerade jene Gemeinden, in deren Sprengel sich große industrielle 
Betriebe befinden, bei großer Arbeitslosigkeit mit einer bedeutenden 
Schmälerung ihrer Einkünfte zu rechnen haben. 
Bezüglich der Zahl der Arbeitslosen verweisen wir auf die 
in der „Arbeit und Wirtschaft“ regelmäßig erscheinenden Tabellen. 
Dieses Bild wäre unvergleichlich erschreckender, wenn nicht die sechs 
Vollzugsanweisungen und elf Verordnungen über die Erhaltung des 
Arbeiterstandes in gewerblichen Betrieben zu seiner Milderung bei— 
getragen hätten. Die letzte Verordnung vom 18. April 19283 hat die 
Verpflichtung der Arbeitgeber zur Einstellung von Arbeitern, be— 
ziehungsweise zur Erhaltung des Arbeiterstandes bis zum 80. Juni 
erstreckt. 
Nicht unerwähnt mag an dieser Stelle noch der Einstellungs— 
zwang auf Grund des Invalidenbeschäftigungsgesetzes bleiben. 
Schon seit jeher war das Bestreben der Gewerkschaften 
darauf gerichtet, die Not der Arbeitslosen durch Schaffung von 
Arbeitsgelegenheit wirksam zu bekämpfen. Die Regierung hat für 
die produktive Fürsorge am wenigsten getan. Die von Staats wegen
	        
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