Full text: 10 Jahre Wiederaufbau

dende Bestimmung, daß Personen, die sich nach dem 
I. Oktober 1920 der Zahntechnik zuwenden, nicht mehr 
die behördliche Befugnis zur selbständigen Ausübung 
des Zahntechnikerberufes erlangen können. Die Zahl 
der hiezu befugten Personen („befugte Zahntechniker”) 
werden demnach im Laufe der Jahre allmählich 
auf dem Nullpunkte anlangen. Die Zahntechnik 
wird dann ausschließlich von den Zahnärzten — persön- 
lich oder durch entsprechend geschultes Hilfspersonal — 
ausgeübt werden dürfen. 
D. Pharmazeutisches Personal. 
In dem in Betracht zu ziehenden Jahrzehnt sind sehr 
jef einschneidende Abänderungen der Vorschriften über 
die Ausbildung des pharmazeutischen Personales 
erlassen worden; es sind dies die neue pharmazeutische 
Studien- und Prüfungsordnung (1922) und das Bundes- 
gesetz über die praktische Ausbildung der Magister 
“Doktoren) der Pharmazie (1925). Nach der neuen 
Studienordnung erfolgt die Aufnahme in das pharma- 
zeutische Universitätsstudium, das nunmehr drei Jahre 
umfaßt, auf Grund des Reifezeugnisses eines achtklassi- 
zen Gymnasiums oder einer gleichwertigen Mittelschule 
mit Lateinunterricht. Das Diplom eines Magisters der 
Pharmazie wird durch die Zurücklegung dieses drei- 
jährigen Lehrganges und durch die erfolgreiche Ablegung 
zweier strenger Prüfungen (Rigorosen) erworben. 
Magister der Pharmazie, die die dreijährige Studienzeit 
noch durch zwei weitere Semester ergänzen, können 
sich unter Vorlage einer wissenschaftlichen Abhandlung 
zu den strengen Prüfungen nach Maßgabe der Rigorosen- 
ördnung für das philosophische Doktorat melden. 
Magister (Doktoren) der Pharmazie erlangen die Befugnis 
zur Dienstleistung in öffentlichen Apotheken oder zu einer 
gemäß des Apothekengesetzes gleichzuhaltenden Tätig- 
keit erst durch ‚eine einjährige in einer öffentlichen 
Apotheke genossene fachliche Ausbildung, deren Erfolg 
Jurch eine praktische Prüfung darzutun ist, 
E. Apothekenwesen und Heilmittelverkehr. 
Die wichtigste in diesem Kapitel zu nennende Rechts- 
norm ist die Verordnung vom 24. September 1925, über 
die Erzeugung und den Vertrieb pharmazeutischer 
Spezialitäten. Sie dürfen nur in Verkehr gebracht 
werden, wenn sie vom Bundesministerium für soziale 
Verwaltung unter Zuteilung einer Registernummer zum 
allgemeinen Verkehr zugelassen worden sind. Die 
Verordnung enthält eingehend abgefaßte Grundsätze 
für die Beurteilung jener pharmazeutischen Zubereitun- 
gen, deren Zulassung zum Apothekenverkehre als 
Spezialität angestrebt wird. Die Anmeldung solcher Zu- 
bereitungen behufs Zulassung als Spezialität ist an 
bestimmte Bedingungen geknüpft, die in der Verordnung 
gleichfalls in eingehendster Weise festgesetzt sind. Jede 
marktschreierische Anpreisung pharmazeutischer Speziali- 
täten ist verboten. 
F. Bekämpfung übertragbarer Krankheiten. 
Das Bundesgesetz vom 4. Februar 10925, be- 
treffend die Verhütung der Verbreitung von Krank- 
1eiten, die durch Ratten übertragen werden können, hat 
lie gesetzliche Grundlage für behördliche Maßnahmen 
s‚eschaffen, deren Zweck die planmäßige Vertilgung der 
katten ist. 
Auf Grund des FEpidemiegesetzes wurden weiters Ver- 
‚rdnungen erlassen, die den Kreis der anzeigepflich- 
.igen Krankheiten erweiterten, und zwar betreffend 
lie (beschränkte) Anzeigepflicht bei Grippe (Influenza); 
die Verordnung womit die bereits angeordnete be- 
schränkte Anzeigepflicht für Varizellen (Windpocen) 
auf das gesamte Bundesgebiet erstreckt wurde und die 
Verordnung vom II, Jänner 1927, womit Poliomyelitis 
ınterios acuta und Encephalitis lethargica 
»pidemica für anzeigepflichtig erklärt wurden. Speziell 
ler Bekämpfung der Tuberkulose ist die Vollzugs- 
ınweisung vom 24. Februar 1910 gewidmet, derzufolge 
m allgemeinen jeder Fall von Erkrankung oder Tod an 
ınsteckender (offener) Lungen- und Kehlkopftuberkulose 
»)eim Gemeindevorsteher anzuzeigen ist. Dieser hat 
lurch den Gemeindearzt alle erforderlichen Maßnahmen 
a veranlassen. 
Die Bekämpfung und Verhütung übertragbarer 
Zeschlechtskrankheiten wurde durch die Voll- 
ugsanweisung vom 21. November 1918 in Angriff ge- 
ı1ommen. Zufolge den Vorschriften ist jeder an Tripper, 
veicher Schanker oder Syphilis leidender Kranker 
vährend der Dauer der Uebertragharkeit der Krankheit 
‚erpflichtet, sich der ärztlichen Behandlung 
‚u unterziehen. Krankheitsverdächtige Personen können 
‚anitätsbehördlih zur Beibringung eines ärztlichen 
/eugnisses oder zur ärztlichen Untersuchung verhalten 
verden. Krankheitsfälle, die die Weiterverbreitung be- 
ürchten lassen, hat der Arzt, zu dessen Kenntnis sie 
zelangen, anzuzeigen. Behufs wirksamer Bekämpfung 
ler Geschlechtskrankheiten ist die Errichtung von Bera- 
:ungs- und Behandlungsstellen vorgesehen. 
Kranke können nach Abschluß der Behandlung einer 
zesundheitlichen Ueberwachung (ärztlichen 
Vachschau) unterzogen werden. Briefliche Behandlung, 
Ankündigung von Medikamenten zur Selbstbehandlung, 
Ternbehandlung durch Aerzte u. a. m. ist verboten. 
Weiters sind der staatlichen Gesundheitsverwaltung aus- 
lIrücklich bestimmte Obliegenheiten zugewiesen; dem 
Zundesschatze werden die Verpflegskosten Ill. Klasse 
‚ür die der Spitalsbehandlung unterzogenen mittellosen 
‘nicht krankenversicherten) Geschlechtskranken auferlegt. 
G. Heil- und Pflegeanstalten. 
Auf dem Gebiete des Krankenanstaltenwesens wurden 
/orschriften über die Errichtung, die Erhaltung und den 
3etrieb öffentlicher Heil und Pflegeanstalten 
lurch das Gesetz vom 15. Juli 1920, StGBl. Nr. 327 
"„Krankenanstaltengesetz“) erlassen. Aus den vielfältigen; 
ns Detail eingehenden Bestimmungen soll hier das 
:olgende als das wohl Wesentlichste hervorgehoben 
werden: Die Heil- und Pflegeanstalten werden unter- 
schieden in öffentliche und private Anstalten. Die Mittel 
zur Erhaltung und zum Betriebe der öffentlichen Spitäler 
stammen hauptsächlich aus den Verpflegsgebühren, die 
zom Landeshauptmanne nach bestimmten Bemessung$- 
zrundsätzen in der Regel einmal jährlich im vorhinein 
'estzusetzen sind. Krankenkassen haben für ihre Mit-
	        
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