Full text: 10 Jahre Wiederaufbau

hier eine Rolle spielen, und durch Milch, Wasser 
und Fleisch übertragen werden können. Es müßte 
daher der Verkehr mit Lebensmitteln, über den an 
anderer Stelle berichtet werden wird, strenge kontrolliert 
und der Beschaffung guten Trinkwassers einvernehmlich 
mit dem Bundesministerium für Land- und Forstwirt- 
schaft größtes Augenmerk zugewendet werden. Es wird 
bei jeder Neuanlage einer zentralen Wasserversorgung 
auf die sanitäre und technische Begutachtung größter 
Wert gelegt und die Errichtung solcher Anlagen durch 
Sewährung unverzinslicher Bundesdarlehen gefördert 
verden. 
Die geschilderten Maßnahmen berechtigen zu der 
.JToffnung, daß allenfalls entstehende Seuchenherde, 
welche im Lande selbst ihren Ursprung haben sollten, 
oder auf den zwischenstaatlichen Verkehr zurückzuführen 
sind, nach menschlicher Voraussicht in ihrer Ausbreitung 
zehemmt und mit Erfolg bekämpft werden können. 
TUBERKULOSE . 
Von Universitätsrat Dr. Wilhelm Eisenschiml. 
Die Bekämpfung der Tuberkulose, die 
infolge der Anstrengungen und Entbehrungen durch die 
Kriegsdienstleistungen, sowie durch die unzureichende 
Ernährung der Bevölkerung während des letzten Krieges 
an Verbreitung zugenommen hatte, war eine der Haupt- 
aufgaben der obersten Sanitätsverwaltung‘ des neuen 
Oesterreich. Infolge der wirtschaftlichen Verhältnisse und 
der beschränkten Mittel mußte vorerst getrachtet 
werden, die Erhaltung der verbliebenen Einrichtungen 
zur Bekämpfung der Tuberkulose zu sichern und erst 
später an deren Ausgestaltung zu schreiten. Zunächst 
waren es die Tuberkulosenfürsorgestellen, die als die 
notwendigsten und wichtigsten Helfer im organisierten 
Kampfe gegen die Tuberkulose anzusehen sind, welchen 
sich das staatliche Interesse zuwendete. Im November 1918 
zählten wir im Gebiete des heutigen Oesterreich ins- 
gesamt I9 Tuberkulosenfürsorgestellen. 
Mitte 1928 verfügen wir bereits über 73 solcher Stellen, 
durch deren Tätigkeit ungefähr ein Fünftel des gesamten 
Bundesgebietes und mehr. als die Hälfte der Gesamt- 
bevölkerung Oesterreichs erfaßt wird. War anfänglich 
Jast die gesamte Tuberkulosenfürsorge in den Händen 
von Vereinen gelegen, so erkannten die lokalen Faktoren 
sehr bald den Wert einer zielbewußten und frühzeitig 
einsetzenden Fürsorge für Tuberkulöse und Tuberkulose- 
zefährdete, so daß von den Ende 1027 bestandenen 68 
Tuberkulosefürsorgestellen neben 37 von Vereinen und 
vier von lokalen Zweigausschüssen mit Hilfe staatlicher 
Unterstützung betriebenen Tuberkulosenfürsorgestellen, 
20 vonGemeinden (darunter IO in Wien),vier von Kranken- 
kassen ’und drei von Industrieunternehmungen erhalten 
und betrieben werden, Die Aufgaben der Tuberkulose- 
fürsorgestellen bestehen in der Sorge für die Kranken 
sinerseits und im Schutze ihrer gefährdeten Umgebung 
vor Ansteckung andererseits. In ersterer Hinsicht obliegt 
ihnen, die Kranken zu ermitteln, sie der zweckmäßigen 
ärztlichen Behandlung zuzuführen und ihnen die Hilfs- 
mittel der sozialen‘ Fürsorge zugänglich zu machen; in 
zweiter Richtung ist es Aufgabe der Tuberkulosefür- 
zorgestellen, den Gesundheitszustand der die Kranken 
umgebenden Personen festzustellen, sie über die Art 
der Ansteckung und über die Maßnahmen, die zur Ver- 
meidung einer Ansteckung notwendig sind zu belehren 
und ihnen gleichfalls die Teilnahme an den Hilfsquellen der 
sozialen Fürsoge zu vermitteln.Es entspricht einem Gebote 
der Dankbarkeit, an dieser Stelle auch der wertvollen Unter- 
;tützung zu gedenken, welche die englisch- amerikanische 
Mission der Gesellschaft der Freunde (Society 
> friends) für die während der kritischen Jahre oft ge- 
ährdete uneingeschränkte Aufrechterhaltung der privat- 
‚etriebenen Toberkulosenfürsorgestellen durch Bei- 
‚stellung bedeutender Mittel geleistet hat. Die 
zenannte Gesellschaft hat hiefür in der Zeit vom Mai 1924 
»is Mai 1927 den ansehnlichen Betrag von 20.350 Dollar. 
las sind 144.485 Schilling gewidmet. ; 
Die Zunahme der Erkrankung an chirurgischer 
Fuberkulose, namentlich bei Kindern, machte ein Ein- 
zreifen um so notwendiger, als es galt, diese Kinder vor 
lauerndem Siechtum oder Verkrüppelung zu bewahren. Die 
‚folge, die anderwärts durch den günstigen Einfluß der 
‚onnenstrahlen bei der Behandlung von Knochen- und Ge- 
enkstuberkulose erzielt wurden, ließen auch hier den Plan 
'eifen, eine Sonnenheilstätte für an Knochen- und Gelenks- 
uberkulose leidende Kinder zu schaffen. Hiezu ergab 
ch eine günstige Gelegenheit. Von der früheren 
leeresverwaltung war im Jahre 1915 begonnen worden, 
ıuf dem zirka 850 Meter hohen Hochec& bei Grimm en- 
;tein eine Lungenheilstätte für lungenkranke Soldaten 
ıu errichten, die beim Zusammenbruche der Monarchie 
ı1och unvollendet war. Hier in vier. primitiven Baracken, 
on welchen nur eine eine angebaute Sonnenterrasse 
1atte, welche sich für heliotherapeutische Behandlung 
:ignete, wurde im Herbst 1919 der Betrieb aufgenommen, 
n dem Kinder aus dem orthopädischen Spitale zur Fort- 
etzung ihrer Heilbehandlung nach Grimmenstein geschickt 
vurden. Dieser Betrieb bildete aber nur ein Provisorium 
ınd die Errichtung einer modernen Heilstätte war unauf- 
ichiebbar notwendig. Da jedoch im Hinblick auf die 
virtschaftlichen Verhältnisse die Mittel für eine solche 
Jeilstätte aus Staatsmitteln nicht zur Verfügung gestellt 
verden konnten, wurde die vom Auslande angebotene 
‚Jilfe gerne angenommen. Insbesondere war es die 
;hwedische Hilfsaktion, welche die Mittel für 
lie Errichtung von zwei halbstabilen Objekten für zirka 
j50 Kinder spendete. Mit der Aufstellung des ersten 
>chwedenpavillons wurde im Sommer 1920 begonnen, 
ım 23. Jänner 1921 wurde er in Anwesenheit des Herrn 
3Zundespräsidenten Dr. Michael Hainisch und des 
‚öniglich schwedischen Gesandten Exzellenz Oskar 
iwerl6öf feierlich eröffnet. Im April 1921 wurde sodann 
nit der Errichtung des zweiten Schwedenpavillons be- 
sonnen und dieser noch im November desselben Jahres
	        
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