III. Rationalisierung und Kunst 179
handelt — angefangen von der kleinsten Goldschmiedearbeit bis zum
großen Werk der Baukunst. Typische Formen im Sinne von Mu⸗
thesius dagegen schafft die Maschine — muß sie schaffen, wenn sie
nicht zur Erzeugung von Talmikunstwerken erniedrigt werden soll.
Jenen Schöpfungen der menschlichen Hand kommt in ihrer hoͤchsten
Vollendung künstlerische Bedeutung zu — die Tyven der maschinellen
Produktion können zu aͤsthetischer Volllommenheit gesteigert werden.
Wenn jede der beiden Produktionsarten ihrem eigenen Gesetz treu
hleibt, können sie beide Kulturwerte schaffen *).“
Auch innerhalb der Volkswirtschaftslehre ist das Problem
der Zweckform seiner wirtschaftlichen Auswirkungen willen in Mei⸗
nungen und Gegenmeinungen eroͤrtert worden. Waentig, einer der
ersten nationalokonomischen Gelehrten, die sich mit dem Zusammen⸗
hange von Kunst und Wirtschaft befaßt haben, aͤußert sich in seinem
Buche „Wirtschaft und Kunst“ positiv über den künstlerischen Reiz
der Maschinenware, für die er den Begriff der „Marktware“ gebraucht.
Er meint, man werde ihre Diskretion, ihre Neutralität als einen be⸗
sonderen Vorzug zu betrachten haben. „Oder würde etwa eine reich
gedeckte Tafel in unseren Augen gewinnen, wenn Porzellan und
Kristall, Waͤsche und Silber für jedes einzelne Gedeck individuell
gestaltet waren? Gerade die rhythmische Wiederholung der gleichen
thpischen Einheiten befriedigt unser asthetisches Empfinden; denn
sie bringt recht eigentlich das innere Wesen der Tischgenossenschaft als
einer Gemeinschaft Gleicher auch künstlerisch zum Ausdruck* N.“
Werner Sombart dagegen, der in seiner Wertung kunstgewerblicher
„Valeurs“ nicht von ihrer Wirkung auf den Beschauer, sondern vom
Geist des Schaffenden ausgeht, meint in seinem „Modernen Kapitalis⸗
mus“: „Wo ehedem der lebendige Mensch mit seinen leiblichen
Organen schaffte, da arbeiten jetzt tote Körver: wie soll aus ihrem
*) Günther Freiherr von Pech mann, die Qualltaãtsarbeit, Frankfurter
Sozietaͤtsdruckerei, 1924, S. 104 ff.
24) Zitiert bei Pechmann, a. a. O., S. 42.