Full text: Revolution und Konterrevolution in China

DAS 20. UND 12. JAHRHUNDERT IM CHINA 
DER GEGENWART 
Die stürmischen, sich wie auf einem Filmstreifen abrollenden 
Ereignisse in China stellen alle früheren Begriffe über China als einem 
in ‚seiner Entwicklung stehengebliebenen toten Land auf den Kopf. 
Dabei muß betont werden, daß die Sowjetpresse bedeutend mehr Nach- 
richten über China bringt als eine beliebige andere Presse der Welt. 
Der ständige Wechsel von Personen. der Uebertritt früher revolutio- 
närer Gruppen von der Revolution zur Konterrevolution, die zahl- 
reichen Berichte über neue Konstellationen und Ereignisse erfordern 
eine sorgfältige Analyse, ein sorgfältiges Hineinleuchten in die Ursachen 
und treibenden Kräfte der großen Geschehnisse. der ‚chinesischen 
Revolution, 
Das erste, was jeden betroffen macht, der mit China in unmittel- 
bare Berührung kommt, ist die erstaunliche Verkettung des 20. und 
12, Jahrhunderts, Damit soll nicht gesagt sein, daß China die Durch- 
schnittssumme dieser beiden Jahrhunderte darstellt; das besagt viel- 
mehr, daß geographisch territorial buchstäblich unmittelbar neben der 
europäisch-amerikanischen Technik, neben einem modernen öffentlichen 
Leben mittelalterliche patriarchalische Sitten und Bräuche bestehen. 
Auf der einen Seite sieht man ein ganz neuzeitliches hochentwickeltes 
Verkehrswesen, auf der anderen — Menschen als Zug- und Lasttiere, 
hier — Großstädte, wie Schanghai usw., in denen moderne soziale und 
Klassengegensätze herrschen, dort, im Innern Chinas, vom Geiste 
unserer Zeit unberührte Städtchen und Ortschaften mit altväterlichen 
Beziehungen zwischen Arbeit und Kapital. Einerseits — Klassenkampf 
in den modernsten Formen, andererseits — auf dem flachen Lande 
noch immer ein aus der Zeit des Feudalismus und der Leibeigenschaft 
Stammendes System und die rückständigsten an das Mittelalter 
erinnernden Wechselbeziehungen ‘nicht nur in einzelnen entlegenen 
Gegenden, sondern auch auf weiten Flächen des Chinesischen Reiches, 
Auf den Wellen schaukeln nebeneinander der moderne europäische 
Riesendampfer und die primitive Dschunke, das Straßenbild beleben 
Kraftwagen und Rikschas, man sieht Riesengebäude im amerikanisch- 
englischen Stile und dicht daneben armselige mit Bastmatten gedeckte 
Hütten, Das alles zusammen ergibt ein so eigenartiges, auf den ersten 
Blick verwirrendes Bild, daß es der Anspannung aller Sinne bedarf, 
um hinter dem äußeren Scheine die im modernen China entscheidenden 
treibenden Kräfte zu erkennen, die Linie des sozialen Kampfes festzu- 
Stellen, deren Kenntnis notwendig ist für die Orientierung in der 
gegenwärtigen chinesischen Revolution.
	        
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