WERT GUTER UND DIE SCHÄDLICHKEIT SCHLECHTER WERBESCHRIFTEN 181
neckischer Südwind, von dem der Steuermann in Richard
Wagners „Fliegendem Holländer‘ singt, daß er noch mehr
blasen möge, weil sein Liebchen nach ihm verlangt — ach, nach
mir verlangt schon längst kein Liebchen mehr und für mich
braucht der Südwind sich nicht anzustrengen — ein solcher
neckischer Südwind wehte mir zwei Drucksachen auf den
Schreibtisch. Beide Drucksachen stammen aus jenem, von den
Nord- und Mitteleuropäern seit jeher heiß geliebten Lande, von
dem Goethes Mignon singt, daß dort die Zitronen blühen, im
dunklen Laub die Goldorangen glühen, und das sich uns auf der
Landkarte als ein regelrechter Stiefel präsentiert. Nun, ich ge-
denke, einen wirklich prachtvollen Stiebel den verehrlichen
Lesern im Parademarsch zu präsentieren. Die eine kleine Druck-
sache war eine Empfehlungskarte. Sie hat also die dankenswerte
Aufgabe, das von ihr vertretene Hotel zu „empfehlen“. Ich will
in meinen „Enthüllungen“ nichts verschweigen, als den Namen
jenes (ganz erstklassigen) Hotels und die Stadt, wo es liegt.
Denn mir liegt nicht daran, irdendein Hotel oder ein Land oder
eine Stadt bloßzustellen. Bloßstellen will ich nur jene bedauer-
liche Gedankenlosigkeit und Nachlässigkeit, die kosmopolitisch
und international bis auf die Knochen ist, weil wir sie in jedem
Land und in jeder Sprache finden können. Es ist lediglich ein
Zufall, daß ich diesem Kapitel zwei Werbedrucksachen in
deutscher Sprache zugrundelege. Im Laufe der Jahre ist mir
ähnliches „Material“ auch schon in anderen Sprachen in die
Finger gekommen, und ich habe es, das sei ehrlich eingestanden,
ebenso ehrlich kritisch zerpflückt. Doch nun will ich den Geist
jener Empfehlungskarte meinen Herren Lesern empfehlen, auf
daß sie Zeugnis ablege für mich und die Wahrheit meiner kriti-
schen Wahrheiten, die in diesem Falle beinahe unter aller
Kritik sind:
MONDSTADT
HOTEL GIGANTIK
Kaisern, Könige und die Feinsten Internationalen Hoheiten
haben in diesem artistischen Hotel gewohnt
Gemäß ge Preisen