Der Zusammenschluß durch Bildung einer Haltegesellschaft "29
fabrik wird zweckmäßigerweise durch Errichtung einer eigenen Aktien-
gesellschaft die formelle Selbständigkeit verliehen, weil sie anderen
Gesetzen untersteht und besonders anders geartete Steuern zu tragen
hat, aber auch deshalb, weil ihr im Namen und in der Zusammensetzung
les Verwaltungsrates ein nationaler Charakter gegeben. werden kann,
der bei Bewerbung um öffentliche Lieferungen und selbst um private
Bestellungen nützlich ist. Die Muttergesellschaft behält aber Einfluß
und Gewinnbeteiligung, indem sie schon bei der Gründung die Mehrheit
der Aktien der Tochterunternehmungen in ihr Portefeuille hinterlegt.
Eine Produktionsunternehmung kann auch durch Erwerbung von
Aktien konkurrierender Unternehmungen ihren Effektenbesitz so steigern,
daß dagegen ihre Produktion zurücktritt und sogar ganz aufgegeben
wird, sich also zur bloßen Haltegesellschaft entwickeln. Sie kann auch
eine eigene Haltegesellschaft begründen, um neue Unternehmungen
zu finanzieren, die Abnehmer der Erzeugnisse der Muttergesellschaft
sein sollen, wie dies bei Kleinbahnen, Straßenbahnen, Elektrizitäts-
werken, Kinos usw. von nur lokaler Bedeutung der Fall war, denn solche
kleinere Unternehmungen profitieren auf diesem Wege von dem billigeren
Kredit der von’der Muttergesellschaft patronisierten Haltegesellschaft.
Auch das Bestreben, das Kapital des Produktionsunternehmens einer
dauernden Festlegung in Effekten zu entziehen oder das Risiko
des Effektenbesitzes durch eine Verteilung desselben zu vermindern,
führt zur Schaffung von Haltegesellschaften. Die Initiative kann aber
auch von unten ausgehen, indem sich mehrere Produktionsunter-
nehmungen behufs Einheitlichkeit der Geschäftsführung eine Halte-
gesellschaft überordnen. Ein besonderer Fall hiefür war gegeben, als
nach dem Zerfall Österreich-Ungarns die verschiedenen Betriebe einer
Produktionsunternehmung in getrennten Staaten zu liegen kamen,
daher zum Kern von selbständigen Aktiengesellschaften gemacht werden
mußten, die aber im Interesse der geschäftlichen Kontinuität in einer
Haltegesellschaft zusammengefaßt wurden. Dabei besteht der Vorteil,
daß der Sitz der Haltegesellschaft leicht in ein beliebiges Land verlegt
werden kann, wodurch politischen Gefahren und einer allzu hohen Be-
steuerung ausgewichen werden kann. Die österreichisch-ungarischen
Unternehmungen haben meistens einzelne Kantone der Schweiz (Glarus,
Schaffhausen) zum Sitze der Haltegesellschaft gewählt, bei den amerika-
nischen Trusts erfreut sich Jersey City einer besonderen Beliebtheit usw.
Die Form der Haltegesellschaft gibt die Möglichkeit zu einer überaus
vielfältigen Verschachtelung von Aktiengesellschaften, für welche die
amerikanischen Eisenbahnen ein besonders lehrreiches Beispiel geben.
Eine Haltegesellschaft z. B. besitzt die Mehrheit der Aktien mehrerer
Produktionsunternehmungen (Eisenbahngesellschaften). Eine der letzteren
kann ihre Anlagen an eine Betriebsgesellschaft verpachtet haben, die