Object: 10 Jahre Wiederaufbau

DIE LEGISLATIVE AUF DEM GEBIETE DES GESUNDHEITS WESENS 
Von Maximilian Fizia, Ministerialrat im Bundesministerium für soziale Verwaltung. 
Die Organisation des öffentlichen Sanitätsdienstes hat 
im Jahre 1918 durch die Errichtung eines diesem Zweige 
der öffentlichen Verwaltung ausschließlich gewidmeten 
Ministeriums (das k. k. Ministeriums für Volksgesund- 
heit) jene Zusammenfassung seiner obersten Leitung 
erfahren, die im Interesse der einheitlichen Führung 
dieses Verwaltungszweiges schon seit vielen Jahren von 
den daran beteiligten Kreisen gefordert worden war; 
durch die später erfolgte Vereinigung dieser Zentral- 
Stelle mit dem Staatsamte für soziale Fürsorge wurde 
an der erzielten organisatorischen Zusammenfassung 
der obersten Leitung der staatlichen Sanitätsverwaltung 
nichts geändert. 
Einerseits diese organisatorische Maßnahme, ander- 
Seits der geänderte staatsrechtliche Aufbau Oester- 
reichs, schließlich die durch die Nachkriegserscheinungen 
Sesteigerten Anforderungen, die in dem Jahrzehnt 
1918 bis 1928 an die Sanitätsverwaltung herantraten, 
haben eine‘ reiche legislative Tätigkeit auf 
diesem Gebiete der Verwaltung erfordert. 
Die Umformung der staatsrechtlichen Struktur Oester- 
feichs durch die neue Bundesverfassung hat insbesondere 
eine Neuordnung der Kompetenzen auch auf dem 
Gebiete des öffentlichen Gesundheitswesens zur F olge 
gehabt. Diesbezüglich gilt der Grundsatz (Art. 10, Z. 12, 
des Bundesverfassungsgesetzes vom 1. Oktober 1920 
in der Fassung des BGBl. Nr. 367 vom Jahre 1025), 
daß das Gesundheitswesen Bundessache sowohl in 
der Gesetzgebung als auch in der Vollziehung ist, soweit 
Nicht das Bundesverfassungsgesetz selbst Ausnahmen 
Von diesem Grundsatze vorgesehen hat. Solche Aus- 
nahmen bilden a) die. Angelegenheiten der Heil- und 
Pflegeanstalten, der Heilquellen und der Kurorte: 
Bundessache ist in diesen Angelegenheiten ausschließlich 
die sanitäre Aufsicht und die Grundsatzgesetzgebung ; 
b) das Leichen- und Bestattungswesen, der Gemeinde- 
Sanitätsdienst und das Rettungswesen; in diesen Ange- 
legenheiten, die zum selbständigen Wirkungsbereiche 
der Länder gehören, ist sowohl die Gesetzgebung als 
auch die Vollziehung Landessache. Da der Bund darauf 
Verzichtet hat, im Art. 102 des Bundesverfassungs- 
Sesetzes die Angelegenheiten des Gesundheitwesens 
Unter jene Materien einzubeziehen, bezüglich welcher er 
Sich vorbehalten hat, eigene Bundesorgane: zu ihrer 
Vollziehung zu schaffen, wird die Sanitätsverwaltung im 
Bereiche der Länder vom Landeshauptmanne als Träger 
der mittelbaren Bundesverwaltung und von den ihm 
ünterstellten Landesbehörden besorgt. 
A. Aerzte. 
An den rechtlichen Verhältnissen hinsichtlich des 
Aerztestandes sind einschneidende Aenderungen nicht 
zu verzeichnen, wiewohl gerade diesbezüglich weit 
surückgreifende Bestrebungen nach einer um- 
assenden Neuregelung (durch eine sogenannte „Aerzte- 
ardnung”) zu verzeichnen sind und auch zur Ausarbeitung 
ner Regierungsvorlage geführt haben doch konnte 
lie Vorlage infolge bisher unüberbrückbarer 
segensätze in der Auffassung der beteiligten Kreise 
über einzelne Fragen nicht zur parlamentarischen 
Verabschiedung gelangen. 
Hinsichtlich der Regelung der die Zahnärzte be- 
reffenden speziellen Rechtsverhältnisse ist zu erwähnen, 
laß das Zahntechnikergesetz (siehe dies im Abschnitt 
‚Zahntechniker”) einige Bestimmungen enthält, die 
‚ür jene Aerzte gelten, die die Zahnheilkunde ausüben, 
ınd zwar insbesondere Bestimmungen über die Berech- 
jigung, zur Besorgung der außerhalb des Mundes vor- 
‚unehmenden technisch-mechanischen Arbeiten das er- 
'orderliche Hilfspersonal zu halten. Für „Zahnärzte” 
wurde weiters durch die Verordnung des Bundesmini- 
;teriums für Unterricht vom 26. September 1925, BGBl. 
Nr. 381, eine besondere, nach Zurücklegung des medi- 
nischen Universitätsstudiums zu erwerbende zweijährige 
Ausbildung vorgeschrieben. 
B. Hebammen. 
Die administrativen Bestimmungen über die Ausübung 
des Hebammenberufes wurden durch das Bundesgesetz 
‚om 2. Juli 1925, BGB. Nr. 214, vollständig neu geregelt, 
Segenüber dem bis dahin bestandenen Rechtszustand 
bildet unter den Bestimmungen dieses Gesetzes jene die 
»inschneidendste Aenderung, derzufolge — von bestimmten 
\usnahmen abgesehen — keine Hebamme mehr ihren 
Beruf ohne eine besondere behördliche Niederlassungs- 
bewilligung ausüben darf; diese wird nur nach Maßgabe des 
»ehördlich festzustellenden Bedarfes erteilt. Das Gesetz 
umschreibt überdies den Pflichtenkreis der Hebammen und 
zetzt die Voraussetzungen fest, unter denen eine Nieder- 
lassungsbewilligung erteilt werden darf oder entzogen 
werden kann, bzw. muß. 
C. Zahntechniker. 
Das jetzt in Kraft stehende Zahntechnikergesetz ver- 
eiht den Zahntechnikern einerseits ziemlich weitgehende 
Befugnisse, enthält aber anderseits die tief einschnei-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.