Vergesellschaftung und Gesellschaft. 231
„Ansprache‘ unterscheiden, welches ein Satz-Gegebenes bezeichnet,
das sich zwar als „Behauptung“‘, nicht aber als „Verhalten-Werbung“‘ dar-
stellt. Das Wort „Anspruch‘‘ hat allerdings auch noch in der Rechts-
ljehre den Sinn besonderer Macht, nämlich der Macht, durch einen
Anspruch das gewollte Verhalten eines Anderen herbeizuführen, in
welchem Sinne gesagt wird, daß jemand einen besonderen Anspruch
„habe“, daß ein Anspruch „begründet‘, „aufgehoben“, „über-
tragen“ wird usw. Es ist aber klar, daß das Wort „Anspruch“ im
Sinne von „Macht besonderer erfolgreicher Verhalten-Wer-
bung“ nur in Gebrauch kommen konnte, weil bereits das Wort „An-
spruch‘‘ im Sinne von „besondere Verhalten-Werbung‘“ im Ge-
Yrauche war. Da ferner das Wort „Anspruch‘‘ mit dem Worte „Spruch““‘
enge zusammenhängt, und es widersinnig ist, eine besondere Macht
als „Spruch“, nämlich als „Anspruch“ zu bezeichnen, empfiehlt es
sich, das Wort „Anspruch‘“ ausschließlich in seinem ursprünglichen
Sinne zu gebrauchen, umsomehr, als jene, die von „Anspruch“ als be-
sonderer Macht reden, gleichzeitig auch von „Anspruch erheben“ reden,
im welcher Rede aber das Wort „Anspruch“ offenbar keine Macht,
sondern in besonderer Absicht gebildete Sätze bezeichnet, so daß „An-
Spruch erheben“ nichts anderes als besonderes „um Verhalten
werben“ ist. „Anspruch-Seelenaugenblick“nennen wirjedes Streben,
in welchem jemand auf einen eigenen Anspruch zielt, „Anspruch er-
heben“ oder „Beanspruchen‘“ nennen wir das solchem Seelenaugen-
blicke gegebene „eigene gegenwärtige Leisten‘, „Ansprucherheber‘“
der „Beanspruchenden“ nennen wir jede Seele, der solcher Seelen-
Augenblick zugehört, „Anspruchadressaten‘“ oder „in Anspruch
Genommenen‘“ nennen wir jenen, auf. dessen besonderes Verhalten
ein Ansprucherheber zielt, „Beanspruchtes‘“ nennen wir jenes Ver-
lalten, auf welches mit einem Anspruche gezielt wird.
Wie nun bekannt, hat das Bemühen, hinsichtlich des von uns
„Anspruch“ genannten Gegebenen Klarheit zu gewinnen, zu verschie-
denen, einander widersprechenden Lehrmeinungen geführt. Wenn sich
aber bisher durch dieses Bemühen keine Klarheit hinsichtlich des Ge-
ebenen „Anspruch“ eingestellt hat, so liegt dies vor allem daran, daß
Man, statt den Sinn des „Anspruch-Wollens‘“ und „Anspruch-Strebens‘“
ZU zergliedern, das Gegebene „Anspruch‘‘ als Satz zu zergliedern be-
Nüht war, also von der Meinung ausging, es gebe besondere Sätze
w-Bezeichnungs-Körperliche‘‘), die sich gewissermaßen ihrer Form nach
als „Anspruch“ (‚‚Verhalten-Werbung*‘‘) darstellen. So kam es vor allem
N mannigfachen Wendungen zu der Lehre, daß „Ansprüche‘“ besondere
Sätze, nämlich „Wunschsätze‘‘ („Imperative‘‘) darstellen, daß also die
Gegebenen „Frage“, „Bitte“, „Befehl‘“ und ähnliche Gegebene nichts
Anderes als besonders geformte Sätze („Bezeichnungs-Körperliche‘‘) sind.