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Y. Kapitel.
jenes Verhalten des B, in welchem er ein Glas Wasser bringt. Das
„Anspruch-Ziel“ kann ferner, wie sich ebenfalls aus dem bereits Ge-
sagten ergibt, im Wollen und Streben des Ansprucherhebers entweder
als „zu Bewirkendes“ oder als „zu Förderndes“ gedacht sein, ist aber
eben stets das „Beanspruchte“, also die Besonderheit jenes Verhalten-
Seelenaugenblickes des Anspruchadressaten, auf welchen der Anspruch-
arheber zielt.
Das Wort „Verhalten“ ist, wie wir bereits dargelegt haben, ein
„Sinnwort‘“, da es keineswegs bloß besonderes Leibliches, sondern „,be-
sonderes gegenwärtiges Eigenleibliches‘‘ als Gewußtes besonderen
emotionalen Seelenaugenblickes bezeichnet, eines Seelenaugenblickes,
den wir bereits als ‚,‚Verhalten-Seelenaugenblick‘“ dargelegt haben.
Keineswegs zielt also der Ansprucherheber bloß auf besonderes Leib-
liches des Anspruchadressaten, sondern auf besonderes Leibliches als
„Verhalten“, d. h. als Sinn besonderen Seelenaugenblickes des An-
spruchadressaten. Um ‚„Leibliches‘““ wird nicht „geworben“, sondern
lediglich Seelisches kann „Werbungs-Ziel‘“ sein. Es ist auch zu be-
achten, daß jener, der einen Unterlassungs-Anspruch erhebt, keineswegs
immer darauf zielt, dem Anspruchadressaten besonderes Leibliches zu-
gehörig zu machen. Sagt z. B. A zu B: „Bleiben Sie sitzen!‘ (= „Stehen
Sie nicht auf!“), so gehört das Leibliche „Sitzen‘‘ dem Anspruchadres-
saten bereits zur Zeit der Ansprucherhebung zu, muß ihm also
gar nicht zugehörig gemacht werden. Wohl aber zielt A in solchem
Falle darauf, dem B einen besonderen Verhalten-Seelenaugenblick zu-
gehörig zu machen, er zielt nämlich, wie wir auch sagen können, darauf,
dem B jenes Sitzen nunmehr ‚,als besonderes Verhalten“, nämlich
„Unterlassen‘“ zugehörig zu machen. Allerdings findet sich in der Welt
auch mannigfaches Wollen und Streben, in welchem darauf gezielt wird,
zinem Ander-Leibe besonderes Allgemeines zu wirken, ohne daß um
besonderen Verhalten-Augenblick der mit jenem Leibe zusammen-
zehörigen Seele „geworben‘“ wird. Aber jener, der von einem An-
deren Etwas beansprucht, wirbt um besonderen emotionalen Seelen-
augenblick des Anderen, in dessen „Sinn“ sich „wahrgenommenes be-
sonderes Eigenleibliches‘“ findet. Dieser Sachverhalt, daß nämlich mit
iedem Anspruche um besonderen ‚,‚Verhalten-Seelenaugenblick‘“ ge-
worben, ein besonderes ‚, Verhalten‘ beansprucht wird, tritt noch deut-
ücher hervor, wenn wir prüfen, was eigentlich mit dem Worte „An-
sprucherfüllung‘“ gemeint ist. Zunächst muß festgestellt werden,
daß die „„Ansprucherfüllung‘““ nicht zu verwechseln ist mit der Erfüllung
jenes emotionalen Seelenaugenblickes, welcher von jedem Anspruch-
erheber kundgegeben wird, Denn dieser Seelenaugenblick kann nicht
aur „lügenhaft‘“ kundgegeben werden, sondern kann ein besonderes
„Fürchten‘“ sein, das mit der „Ansprucherfüllung‘‘ nicht „erfüllt“, sondern