Die Besonderheiten der Vergesellschaftungs-Werbungs-Seelenaugenblicke usw. 393
Stellung“ bloß durch eine besondere Wirkung unterscheiden würde,
könnte man das bloße „günstiges Eigen-Verhalten-In Aussicht-Stellen“
vom „Versprechen“ stets nur nachträglich unterscheiden, Indes
lehrt uns schon das Selbstbewußtsein, daß uns als bloß „günstiges
Eigen-Verhalten in Aussicht Stellenden“ ein anderer Seelen-
augenblick zugehört, als uns als „Eigen-Verhalten Versprechenden“,
daß also das Gegebene „Versprechung“ vom Gegebenen „Günstige
Eigen-Verhalten-In Aussicht-Stellung“ nicht als wirkende Bedingung
für besondere Wirkung (Verpflichtung) unterschieden werden kann, um
so weniger, als es „Günstige Eigen-Verhalten-In Aussicht-Stellungen“
gibt, durch welche der In Aussicht-Stellende verpflichtet wird, und
Versprechungen, durch welche der Versprechende nicht verpflichtet
wird. „Versprechung“ ist vielmehr eine „Eigen-Verhalten-In Aussicht-
Stellung“, welche mit einer „Eigen-Soll-Behauptung“ verbunden wurde
kraft jemandes besonderem Wollen, in einer anderen Seele auch den
Glauben zu wecken, daß sich der Behauptende zu besonderem Ver-
halten verpflichtet habe, während mit einer bloßen „Eigen-Ver-
halten-In Aussicht-Stellung“ lediglich auf den Glauben der anderen Seele
gezielt wird, daß der Behauptende sich in besonderer Weise ver-
halten werde. Der Glaube, daß jemand zu besonderem Ver-
halten verpflichtet sei und der Glaube, daß jemand sich in
besonderer Weise verhalten werde, sind aber offenhar ver-
schiedene Gegebene.
Die Frage aber, ob und wie jemand durch eine Versprechung
tatsächlich verpflichtet wird, ist in keiner anderen Weise zu beantworten,
als die Frage, ob und wie jemand überhaupt durch besondere,
eine Sollen-Anwartschaft ergänzende Ereignisse ver-
pflichtet wird. Während aber einerseits durch eine Versprechung
noch keine „Pflicht“ begründet werden muß, weil die Behauptung des
„Eigen-Soll-Gedankens‘“ lügenhaft oder irrig sein kann, kann anderer-
seits wieder durch eine Versprechung außer der mit der Versprechung
gemeinten Pflicht noch andere Pflicht des Versprechenden begründet
werden. Sagt z. B. A zu B: „Ich beanspruche von Ihnen, daß Sie,
wenn Sie dem C versprechen, ihm mehr als 1000 Mark monatlich an
Gehalt zu zahlen, ihm auch im Falle seiner Erkrankung die Krankheits-
kosten bezahlen!“ und B kommt nicht zum Wissen um das letztere
Beanspruchte, so wird B, falls durch jenen Anspruch überhaupt eine
Sollen-Anwartschaft begründet wurde und er dem C einen Gehalt von
mehr als 1000 Mark monatlich verspricht, auch verpflichtet, ihm etwaige
Krankheitskosten zu ersetzen, obwohl er solches Verhalten gar
nicht versprochen hat. In solchen Fällen sprechen wir von „Un-
gewußte Verpflichtung begründenden Versprechungen‘,
deren Betrachtung auch zeigt, daß die Frage, ob Etwas eine ‚Ver-