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IX. Kapitel.
um die Begründung eines Rechtes, sondern im Sinne eines Kampfes
darum, daß es sich in besonderer Weise entscheide, daß jemandes Recht
bereits vor dem Kampfe vorhanden war. „Naturrechtlich“ ist daher
die Behauptung, daß der „Rechtskläger“, wenn eine (unaufhebbare)
Rechts-Abweisung erfolgt, sein etwa bereits bestandenes Recht „ver-
liert“ — denn eben mit der Tatsache der unaufhebbaren Rechts-Ab-
weisung ist entschieden, daß er ein solches „Recht“, nämlich die
Macht, eine von ihm beantragte Rechts-Weisung und dadurch be-
sondere ungünstige Zurechnung zu veranlassen, nicht besessen hat,
es wird ihm kein vorher bestandenes „Recht“ „genommen“, sondern
es zeigt sich nur, daß er vorher kein „Recht“ hatte. Die ge-
bräuchlichen Rechtsweisungs-Formeln, z. B. das „A ist schuldig, dem
B 1000 Kronen zu bezahlen“, sind irreführend. Erstens nämlich kann
durch diese Formel die falsche Meinung entstehen, daß mit der „Rechts-
Weisung“ besondere Pflicht des Beklagten erst begründet werde.
Wenn aber diese Meinung auch verworfen wird, entsteht doch zwei-
tens die irrige Meinung, daß in der Rechts-Weisung ein Urteil über
das Bestehen besonderer Rechtspflicht gefällt wird, während in
Wahrheit nur ein Urteil über besondere Befehlenttäuschung ge-
fällt wird, mit welchem Urteile sich allerdings auch stets die Neben-
Wirkung ergibt, daß ein Zweifel daran, ob solche Rechtspflicht be-
standen habe, gelöst wird. Ist jemand als Wahrer der Erfüllung
eines besonderen, an einen Dritten gerichteten Anspruches in Anspruch
genommen, so ist von ihm stets beansprucht, daß er bei Erfahrung,
der von ihm zu wahrende Anspruch sei von dessen Adres-
saten enttäuscht worden, die in jenem Anspruche angedrohte
ungünstige Zurechnung vollziehe bzw. deren Vollzug veranlasse, keines-
wegs aber ist von ihm beansprucht, daß er bei Erfahrung einer Pflicht-
verletzung jenes Adressaten tätig werde. Wie sich aus früher Ge-
sagtem ergibt, sind „Anspruchenttäuschung“ und „Pflichtverletzung“
verschiedene Gegebene, da nur im Falle der Enttäuschung eines
Anspruches, durch welchen die in jenem Anspruche behauptete Pflicht
begründet wurde, auch eine Pflichtverletzung vorliegt. Sagt nun etwa
A zu B: „Pflegen Sie meine Pferde!“ und A zu C: „Wenn Sie be-
merken, daß B diesen Anspruch nicht erfüllt, so bestrafen Sie ihn!“,
so wird eine Pflicht des B durch den an ihn gerichteten Anspruch
des A nur dann begründet, wenn dem C durch den an ihn gerichteten
Anspruch des A die Bereitwilligkeit dafür zugehörig geworden ist, bei
Erfahrung einer Enttäuschung des von A. an den B gerichteten An-
spruches, den B zu bestrafen, und überdies die Möglichkeit besteht, daß
C solche Anspruchenttäuschung erfährt, Erfährt nun C eine Anspruch-
enttäuschung des B, so gibt diese Erfahrung des C die wirkende Be-
dingung für sein Wissen ab, daß B eine Pflicht verletzt habe, insoferne