32
geistiges‘ Gebiet ist: es ist aus axiologischen und metaphysischen
Bestandteilen zusammengesetzt und drängt mit jenen zur Wissen-
‚schaft, mit diesen zur Philosophie.
Denn auch dann, wenn man die Wissenschaft vor allem Über-
greifen in das Metaphysische bewahren will, ist es sehr gut möglich,
ihr im Bereiche des Geltungsmäßigen ein Forschungsgebiet zu er-
öffnen. Es bedarf dazu nur der Annahme, daß das, was uns in den
„Idealen Geltungen‘“ gegeben ist, Fiktionen des Geistes ‚seien, die
dieser sich geschaffen hat zum Zweck besseren Verständnisses der Er-
fahrungswelt, um die Beschäftigung der Wissenschaft mit dem Gel-
tungsmäßigen vollauf zu rechtfertigen. Handelt es sich doch alsdann
bei allen Geltungskategorien um nichts anderes als um eine besondere
Technik des Geistes, deren Erforschung ganz und gar nichts mit
philosophischer, das heißt metaphysischer Erkenntnis zu iun hat.
Man braucht nicht in die Niederungen des Pragmatismus nieder-
zusteigen, um solcherart die Geltungskategorien — im wesentlichen
handelt es sich freilich, wie wir gleich sehen werden, um die
Kategorien. der Logik — für die „streng wissenschaftliche“ (im
Sinne von „erfahrungswissenschaftliche‘‘) Erörterung zu rekla-
mieren: es ist die konsequent durchgeführte und sehr gut begründ-
bare Ansicht Drieschs z. B., daß es sich für die „Ordnungslehre“,
wie er die „wissenschaftliche‘“, früher so genannte Erkenntnistheorie
und Logik bezeichnet, überhaupt nicht um „Erkenninis‘“ handelt,
die er vielmehr ganz der Metaphysik überantwortet, weil es für jene
gar kein Reich des „Seins“ und damit der „Wahrheit“, sondern
nur ein „Scheinreich der Richtigkeit“ gibt®. Das Zauberwort aber,
mit dem der wissenschaftliche Forscher die Geltungssphäre gleich-
sam entzaubert, mit dem er allem Unsinnlichen jeglichen Anspruch
auf Realität, jegliche Verwandtschaft mit dem Übersinnlichen ein
für alle Male aberkennt, ist die Formel des „Als ob“. Das Als ob
(das allem philosophischen Wesen im tiefsten zuwider ist, so daß
eine „Philosophie des Als ob‘ einen Widerspruch im Terminus be-
deutet) ist zu einem — übrigens weit über den Bereich des Geltungs-
mäßigen hinaus — unentbehrlichen Zubehör der wissenschaftlichen
3 H. Driesch, Ordnungslehre (1912), S. 167 u. 5.