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trägt. Daß man nie recht einsehen konnte, was es eigentlich mit
diesem Wertbegriff auf sich habe, den jeder „Theoretiker‘ von
seinem Vorgänger übernahm wie einen in einer geheimnisvollen
Truhe verborgenen Schatz, ist bekannt, bis man eines schönen Tages
die Truhe öffnete und sie leer fand und begriff: dieser mysteriöse
Wert sei nichts anderes gewesen als das große X, das die Natur-
Forscher dort gemacht hatten, wo sie das Bedürfnis empfanden, im
Wechsel der Erscheinungen etwas Verharrendes anzunehmen und das
sie mit dem pompösen Worte „Substanz‘‘, das bessere Zeiten gesehen
hatte, belegten, bis mutige Leute kamen und erklärten: da ist ja gar
nichts drin: der Kaiser hat ja gar nichts an. Diese mutigen Leute
sind unter den Naturforschern, wie wir feststellen konnten, seit langem
aufgetreten. Unter den ordnenden Nationalökonomen erschienen sie
in Gestalt der Relationisten. Pareto vor allem ist es gewesen, der
nicht Spott genug hat aufbringen können, um die „Farce des Wert-
begriffs“ als solche zu verhöhnen. „So wie man heute die Mechanik
der Himmelskörper nicht mehr studieren kann in den Werken des
Ptolemäus oder Keplers, so kann man die Nationalökonomie nicht
mehr studieren mit Hilfe des verschwommenen Wertbegriffs.‘“ *% Daß
Pareto mit dieser Abstreifung des Wertdogmas nichts anderes tat;
als die naturwissenschaftliche Methode der Nationalökonomie zu Ende
denken, wie wir noch genauer sehen werden, ist dasjenige, was uns
an diesem Familienzwist im Schoße der ordnenden Nationalökonomie
vor allem interessiert.
$4 V, Pareto, Trait@ de Sociologie. $ 104. Vgl. idem, Manuel .d’Economie
politique. III, 29, 30, 35, 36, Daß die Literatur über den „Wertbegriff‘,
mit dem sich jetzt auch die Philosophie abquält, ins Uferlose angeschwollen ist,
wußte man bereits. Erst jetzt aber, nachdem eine fleißige Zusammenstellung der
°inschlägigen Schriften angefertigt ist, überblickt man mit wahrem Schrecken die
riesenhafte Ausdehnung des Überschwemmungsgebietes. Wir erfahren von 66ı
Schriften über den Wertbegriff allein in der deutschen Literatur. Siehe Joh. Erich
Heyde, Gesamtbibliographie des Wertbegriffs, I. Teil. Deutsche Literatur; in den
von Arthur Hoffmann-Erfurt herausgegebenen Literarischen Berichten aus
lem Gebiete der Philosophie. Heft 15/16, 17/18. 1928. Die Übersicht ist keines-
wegs vollständig, da sie im wesentlichen nur Schriften enthält, die ausdrücklich
vom Wert handeln. Unter denjenigen Schriften, die den nationalökonomischen
Wert betreffen, kenne ich nur drei von Wert; es sind diejenigen, die nach dem
Wert des Wertes gefragt haben.
Sombart. Die drei Nationalökonomien