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mit der Ausarbeitung der Grenznutzentheorie bin, weiß ich noch
nicht einmal, ob überhaupt ein einziger Tausch nach dem Grenz-
nutzenprinzip in Wirklichkeit vollzogen wird. Die tatsächlichen Ver-
hältnisse können so verwickelt sein und sind häufig so verwickelt,
daß das Schema nur geringe Hilfe gewährt. Wenn ich beispiels-
mäßig das „Transferproblem‘ lösen soll, so nützen mir ein paar
quantitäts-theoretische Schemata herzlich wenig. Die Umstände
psychologischer und politischer Natur, die Unsicherheit in der Voraus-
bestimmung mutmaßlicher Entwicklungen, die dabei in Betracht zu
ziehen sind, sind so ausschlaggebend, daß die Wirklichkeit über-
haupt nicht mehr auch nur entfernt dem Bilde entspricht, das mir
das Schema widerspiegelt. Die Abweichungen von diesem, die Rei-
bungen, die „Nebengeräusche‘‘, die Disturbing causes, wie die Klas-
siker sie nannten, sind so beträchtlich, daß ihre Untersuchung zur
eigentlichen Aufgabe des Forschers wird: diese Abweichungen vom
Schema, diese Reibungen, die in unserem Falle in der deutschen
Volkswirtschaft und auf dem internationalen Waren- und Geldmarkt
entstehen, sie sind recht eigentlich das Transferproblem, das eine
verstehende Nationalökonomie zu lösen hätte.
(2.) Ein rationales Schema gilt nur im Rahmen eines bestimmten
Sinnzusammenhangs, der immer, wie wir wissen, historisches
Gepräge trägt. Es ist verfehlt, ein „Grenznutzengesetz‘“ auf-
zustellen, ohne zuvor die Marktzusammenhänge sehr genau bestimmt
zu haben, für die es gelten soll. Genauer: nur im Rahmen eines
bestimmten Wirtschaftssystems kann man sinnvolle Schemata ratio-
nalen Verhaltens bilden. Oder um den schon einmal gemachten Ver-
gleich zu wiederholen: die Spielregeln müssen gegeben sein, damit
ich „ideale‘‘ Aufgaben stellen kann. Es wäre Unsinn, für das Schach-
spiel und das Mühlespiel dieselben Aufgaben zu geben. So ist es
ebenfalls Unsinn, für eine geschlossene Eigenwirtschaft eines Bauern
und für die hochkapitalistische Wirtschaft dieselben Schemata zu
bilden. Schon innerhalb der kapitalistischen Wirtschaft wird man
verschiedene Stadien unterscheiden müssen, um sinnvolle Schemata
schaffen zu können. So sind z. B. viele der Ricardoschen Schemata
nur für ein Zeitalter des beweglichen Kapitals entworfen und
deshalb heute zum großen Teil unbrauchbar. Das Grenznutzen-