Full text: Die drei Nationalökonomien

301 
mit der Ausarbeitung der Grenznutzentheorie bin, weiß ich noch 
nicht einmal, ob überhaupt ein einziger Tausch nach dem Grenz- 
nutzenprinzip in Wirklichkeit vollzogen wird. Die tatsächlichen Ver- 
hältnisse können so verwickelt sein und sind häufig so verwickelt, 
daß das Schema nur geringe Hilfe gewährt. Wenn ich beispiels- 
mäßig das „Transferproblem‘ lösen soll, so nützen mir ein paar 
quantitäts-theoretische Schemata herzlich wenig. Die Umstände 
psychologischer und politischer Natur, die Unsicherheit in der Voraus- 
bestimmung mutmaßlicher Entwicklungen, die dabei in Betracht zu 
ziehen sind, sind so ausschlaggebend, daß die Wirklichkeit über- 
haupt nicht mehr auch nur entfernt dem Bilde entspricht, das mir 
das Schema widerspiegelt. Die Abweichungen von diesem, die Rei- 
bungen, die „Nebengeräusche‘‘, die Disturbing causes, wie die Klas- 
siker sie nannten, sind so beträchtlich, daß ihre Untersuchung zur 
eigentlichen Aufgabe des Forschers wird: diese Abweichungen vom 
Schema, diese Reibungen, die in unserem Falle in der deutschen 
Volkswirtschaft und auf dem internationalen Waren- und Geldmarkt 
entstehen, sie sind recht eigentlich das Transferproblem, das eine 
verstehende Nationalökonomie zu lösen hätte. 
(2.) Ein rationales Schema gilt nur im Rahmen eines bestimmten 
Sinnzusammenhangs, der immer, wie wir wissen, historisches 
Gepräge trägt. Es ist verfehlt, ein „Grenznutzengesetz‘“ auf- 
zustellen, ohne zuvor die Marktzusammenhänge sehr genau bestimmt 
zu haben, für die es gelten soll. Genauer: nur im Rahmen eines 
bestimmten Wirtschaftssystems kann man sinnvolle Schemata ratio- 
nalen Verhaltens bilden. Oder um den schon einmal gemachten Ver- 
gleich zu wiederholen: die Spielregeln müssen gegeben sein, damit 
ich „ideale‘‘ Aufgaben stellen kann. Es wäre Unsinn, für das Schach- 
spiel und das Mühlespiel dieselben Aufgaben zu geben. So ist es 
ebenfalls Unsinn, für eine geschlossene Eigenwirtschaft eines Bauern 
und für die hochkapitalistische Wirtschaft dieselben Schemata zu 
bilden. Schon innerhalb der kapitalistischen Wirtschaft wird man 
verschiedene Stadien unterscheiden müssen, um sinnvolle Schemata 
schaffen zu können. So sind z. B. viele der Ricardoschen Schemata 
nur für ein Zeitalter des beweglichen Kapitals entworfen und 
deshalb heute zum großen Teil unbrauchbar. Das Grenznutzen-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.