$ 6, Rechtliche oder faktische Begünstigung.
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dritten Staat Anwendung findet, behandelt zu werden; denn sie bedküte.
keine „günstigere“ Behandlung. Die Auffassung!, daß der berechäigte
Staat die Wahl habe, wenn sich nicht bestimmen lasse, welche Behatc
lung die günstigere sei, ist also abzulehnen.
Gewisse Privatrechtsnormen sind jedoch materiell mit öffentlich-
rechtlichen Elementen verquickt. Dies kann z. B. der Fall sein bei den
Vorschriften über den Erwerb von Grundstücken, den Erwerb der
Rechtsfähigkeit durch Handelsgesellschaften, beim Mietsrecht? usw. Je
nachdem das polizeiliche Element hervortritt, bedeuten diese Vor-
schriften vom Standpunkte des Individuums gesehen eine mehr oder
minder günstige Behandlung. Insofern können sie auch Gegenstand
des Meistbegünstieungsanspruchs sein®.
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$ 6. Rechtliche oder faktische Begünstigung.
I. Durch die Meistbegünstigungsklausel erwirbt der berechtigte
Staat das Recht auf Gleichbehandlung mit der meistbegünstigten Nation.
Ein Anspruch entsteht jedoch, streng genommen, erst dann, wenn
irgendeinem fremden Staate Vorteile gewährt werden, die er selbst
nicht genießt, weshalb, wie S. 9 gezeigt, die Meistbegünstigungsklause]
häufig kurz als Anspruch auf diesen Vorteil formuliert wird. — Die
Meistbegünstigungsklausel bezieht sich nun — im Rahmen ihres verein-
barten Anwendungsgebietes (hierüber s. unten $ 12) — auf sämtliche
Vergünstigungen, welche der dritte, aber nicht der berechtigte Staat
genießt. In einer Reihe von Handelsverträgen ist eine Aufzählung der
verschiedenen Begünstigungsarten enthalten. Es wird z. B. im Handels-
vertrag zwischen dem Deutschen Reich und Argentinien* jede „Be-
günstigung und Befreiung, sowie jedes Vorrecht und jede Immunität‘,
die der dritte Staat genießt, zugesichert. Eine derartige Häufung sich
überschneidender Begriffe ist überflüssig und trägt nicht zur Klärung
der Rechtslage bei. Es genügt die Zusicherung jeder Begünstigung bzw.
schlechthin die Zusicherung der Behandlung, die die meistbegünstigte
Nation erfährt.
Daß der dritte Staat einen völkerrechtlichen Anspruch — etwa auf
Grund eines Handelsvertrages — auf die Begünstigung habe, ist nicht
erforderlich®, Schon durch die fatsächliche Begünstigung des dritten
* BasDevanı: a. a. O. Nr. 143.
* Für das französische Mietsrecht vgl. BASDEVANT: a. a. O0. Nr. ı 54£f£.
* Selbstverständlich ist hierdurch nicht die ganz andere Frage entschieden, ob
die Meistbegünstigungsklausel eines bestimmten Handelsvertrages sich auf diese
Gegenstände erstreckt. Diese beiden Fragen werden bei BASDEVANT a. a. O.
Nr. 137ff., 143 m. E. nicht mit der genügenden Schärfe auseinandergehalten.
$ Vgl. Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag vom 1ı9. Sept. 1857.
Preuß, GS, 1857, S. 405.
* Vgl. HerLsorn: Völkerrecht in KOHLERS Encykl, V. S. 548.
Bonhoeffer, Meistbegünstigung.