DEUTSCHLAND
ALLGEMEINER ÜBERBLICK
Unter starkem Druck, aber relativ widerstandsfähig
[s] Köln, 14. Dezember ‘
Deutschland und das Ausland
Die Gesamtbilanz der deutschen Wirtschaft für das zu Ende
gehende Jahr ist alles andre als erfreulich. Zahlreiche Unter:
nehmungen sind auf der Strecke geblieben, viele sind ge:
schwächt worden, der größte Teil der übrigen hat nicht den not-
wendigen oder den erhofften Gewinn abgeworfen. Durch einen
Zusammenbruch größten Ausmaßes (Frankfurter Allgemeine)
wurde auch das Ausland stärker betroffen, was nicht ohne er-
hebliche Rückwirkung auf die ausländischen Geldgeber bleiben
konnte. Da aber ähnliche unliebsame Vorkommnisse auch in
einzelnen Teilen des Auslandes festzustellen waren (Oester-
‚eichische Boden-Credit-Anstalt mußte von der Oesterreichischen
Credit-Anstalt aufgenommen werden, in England Schwierig-
keiten der Hatry- und Horne-Gruppe), so erhielt das Miß-
trauen, der größte Feind des Geschäftslebens, immer neue
Nahrung. Der Börsenumschwung in Neuyork im
Monat Oktober mit all seinen internationalen Folgen zeigte, daß
auch in Amerika die Bäume nicht in den Himmel wachsen
können. Der noch nicht gefestigte Zustand der deutschen Wirt-
schaft kann auch durch nichts besser beleuchtet werden als
durch das weıtere Eindringen des Auslandes in
Deutschland. Der ausländische Geldgeber begnügt sich nicht
mehr mit der Rolle des Obligationärs, er wird Aktionär und er-
bält damit ein weit stärkeres Verfügungsrecht über Teile der
deutschen Wirtschaft als früher. Wenn auch Deutschlands
Wirtschaft wieder einige Fortschritte im Ausland gemacht hat,
so bleiben sie doch weit zurück hinter dem Voraänschreiten des
Auslands in Deutschland. Die Internationalisierung
der Wirtschaft ist auch im Jahr 1929 bedeutend voran g®-
trieben worden. Diese Bewegung wird sich fortsetzen ohne
allzu große Rücksicht darauf, ob ihr zollpolitisch entgegenge-
arbeitet wird, ob das „Heilige Jahr“ des Mittelalters in der Form