Full text: Durch Abessinien und Erythräa

Obgleich unser großer Kaiser keine moderne Erziehung 
genossen hat, war er von Natur glänzend begabt, so daß er 
den Wunsch hegte, in seinem Lande alles, was man vom 
europäischen Standpunkte aus für gut hielt, einzuführen. 
Er erwies Europäern jede Rücksicht und bestrafte während 
seiner Regierungszeit jede dahingehende Verfehlung. Nichts- 
destoweniger hatte die Mehrzahl der Europäer ihn, wenn 
sich irgendeine Gelegenheit dazu bot, angegriffen. 
Wenn bezüglich der Sklaverei gegen uns gerichtete Vor—⸗ 
würfe einzig und allein dem hohen Ideal menschlicher Ge— 
sinnung entspringen, warum verknüpft man die Erörterung 
darüber dann mit der rein sachlichen Frage eines Stau— 
dammes am Tana-See? Es ist unumgänglich notwendig, 
daß wir uns energisch den imperialistischen Bestrebungen 
Großbritanniens in Afrika widersetzen. Für Großbritannien 
ist die Nilregulierung nur ein Vorwand für politische Ex— 
bansion. 
Hinsichtlich des italienischen Wunsches, eine Nordsüd— 
bahn in unserem Reiche zu erbauen, darf festgestellt wer⸗ 
den, daß das Gebiet unfruchtbar ist und der Bau sich nicht 
rentieren würde. Ein solches Projekt könnte ernsthaft nicht 
in Erwägung gezogen werden, wenn nicht politische Motive 
im Hintergrunde ständen. Wir sind überzeugt, daß diese 
beiden Regierungen feindliche Absichten gegen unsere Un— 
abhängigkeit hegen, und werden unsere heiligsten Interessen 
keineswegs ihren ehrgeizigen Plänen opfern. Wer die 
äthiopische Geschichte nicht kennt, hat keinen Begriff von 
den Fortschritten, die wir innerhalb kurzer Zeit in unserem 
Lande gemacht haben. Man hält diese Fortschritte für un— 
bedeutend, weil man sie mit dem von Europa in Jahr— 
hunderten Erreichten vergleicht.“ 
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