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um so mehr steigen die Preise und um so mehr „braucht" der Klein-
verkehr, ohne daß ich natürlich hier irgendeine Proportionalität
dabei behaupten will.
Daß der Verkehr die Zahlungsmittel aufnehmen könne, ist,
wie man jetzt leicht erkennen wird, eine der im Wirtschaftsleben
leider häufigen Schrauben „ohne Ende", d. h. eines Wechselverhält-
niffes von Ursachen und Wirkungen. Durch hohe Zölle werden
die Güterpreise in die Äöhe getrieben, und dann „braucht" die Land
wirtschaft immer höhere Zölle. So auch hier. Zuerst wird durch
den Kriegsbedarf und durch Notenvermehrung eine allgemeine
Preissteigerung herbeigeführt, und dann „braucht" der Verkehr
immer mehr Noten. Eine solche Argumentation mit dem „Geld
bedarf" sollte man auch in Kriegszeiten, wo vielleicht manches
beschönigt werden darf, in Zukunft nicht mehr zur Rechtfertigung
der Benutzung der Notenpresse verwenden. Denn sie entspricht
doch gar zu wenig mehr den neueren Erkenntnissen der Wissenschaft,
die man auf die Dauer nicht ignorieren kann.
Die ganze Vorstellung eines bestimmten „Geldbedarfs", einer
bestimmten Geldmenge, die der Verkehr brauche und für die zu
sorgen die wichtigste Aufgabe der staatlichen Geldpolitik, seiner
„Geldschöpfung" sei, ist höchst irreführend, ist nur ein Ausfluß der
hergebrachten materialistischen Auffassung des Geldes, deren Kon
sequenz der Metallismus ist.
Einen äußeren Maßstab dafür, wieviel reale Zahlungsmittel
der Verkehr gebraucht, gibt es, wie schon gesagt, nicht. Das ist in
verschiedenen Ländern, je nach den Gewohnheiten des Kleinver
kehrs, sehr verschieden, und wir haben im Weltkriege gesehen, daß
sich diese Gewohnheiten unter Amständen schnell ändern, daß auch
die alte Sitte der Geldthesaurierung in kritischen Zeiten schnell
wieder erwacht und selbst unterwertigem Metallgeld und Bank
noten gegenüber Platz greifen kann (in Frankreich sollen mehrere
Milliarden Banknoten thesauriert worden sein).
Aber ganz verkehrt ist es, wenn noch so oft, sogar von den
fortgeschrittensten Geldtheoretikern, gesagt wird, daß die Ver
mehrung des Geldes, insbesondere des Papiergeldes, „durch den
Geldbedarf" bestimmt werden müsse. Was soll man zu einer solchen
Theorie sagen, wenn Otto Äeyn, der gegenüber meiner Geld-
und Wirtschaftstheorie immer seine eigene ins Feld führt, noch
ueuestens in seiner Besprechung meines Buches: „Probleme des