Full text: Antike Wirtschaftsgeschichte

2 Einleitung. Entwicklung der antiken Wirtschaftsgeschichte. 
die byzantinische Welt pflegte die antike Wissenschaft und brachte 
den westlichen Völkern mannigfache Anregung. 
Im Rahmen dieser Bildung war wenig Raum für die Über 
lieferung antiker Wirtschaftsverhältnisse. Am ehesten be 
schäftigte man sich noch mit ihnen, wenn man einmal ernstlich 
daran dachte, einen antiken Autor zu interpretieren oder die 
Meinung eines Theologen durch antike Argumente zu stützen. Viel 
Anregung gewährten die Agrarschriftsteller der Römer, die 
man in der Praxis bis ins 18. Jahrhundert benutzte und sorg 
fältig studierte. Daneben enthielten die Schriften der Juristen 
für den mittelalterlichen Menschen manches aus der Wirtschafts 
geschichte. Aber all diese mehr oder weniger vereinzelten Kennt 
nisse regten nickt zu einem systematischen Studium an, da die 
schöpferische Kraft der europäischen Völker von religiösen Reflexionen 
absorbiert war und manche Wirrnisse die Menschen in Anspruch 
nahmen, so daß man über eine kritiklose Rezeption des antiken 
Stoffes, der ja recht ärmlich war, meist nicht hinauskam. 
Erst der Betrieb der Philologie, wie er sich am Ende des 
Mittelalters auszubilden begann, trug wesentlich dazu bei, ernst 
haft die Frage auszuwerfen, wie denn die Wirtschaft der 
Alten eigentlich beschaffen gewesen sei. Doch nicht nur die 
Philologen interessierten sich damals für die Antike, sondern auch 
die Historiker und Staatsmänner. Von diesen wurde bis 
ins 17. Jahrhundert hinein, indem sie dem Beispiele Mac chia- 
vellis folgten, mehrfach der Versuch gemacht, die politischen Er 
fahrungen der Antike für die Gegenwart zu verwerten, wobei die 
wirtschaftlichen Fragen auch eine gewisse Berücksichtigung fanden. 
In diesen Zeiten trugen auch juristische Werke, z. B. die des Si- 
gonius einen historischen Charakter und förderten das Verständ 
nis antiker wirtschaftlicher und sozialer Zustände. Daß es zu 
keiner Zusammenfassung des wirtschaftshistorischen Materials kam, 
hing sowohl mit der mangelhaften Überlieferung als auch mit der 
ungenügenden volkswirtschaftlichen Bildung zusammen. Der 
sich um diese Zeit entwickelnde Merkantilismus, der die Be 
einflussung der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse durch den 
Staat predigte, untersuchte die antiken Autoren vom praktischen 
Gesichtspunkte aus; so finden wir, daß Bodinus in seinem Werke 
über den Staat auf die Antike besonders in den Beispielen Rück 
sicht nahm. Nicht die theoretischen Betrachtungen der Alten, 
welche die früheren Forscher gefesselt hatten, so z. B. den heiligen
	        
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