100 Sechstes Kapitel. Die Entwicklung der römischen Weltwirtschaft.
sein werde, trat es als lokales Handelszentrum immer mehr zurück,
auch in der Kaiserzeit ist es vor allem durch seinen Import, we
niger durch seinen Export und seine Produklion hervorragend.
Die freien Handwerker scheinen sich zu Rom schon in früher
Zeit in Vereinigungen zusammengeschlossen zu haben, deren
Charakter uns aber heute noch dunkel ist. Daß sie neben religiösen
und geselligen Zwecken auch wirtschaftliche verfolgten, ist sehr wahr
scheinlich. Ihre Bedeutung ist in der republikanischen Zeit nie sehr
groß gewesen, in der Kaiserzcit hingegen haben die zahlreichen und
wichtigen Vereinigungen der Handwerker und Gewerbetreibenden
an diese alten Traditionen angeknüpft. Gegen Ende der Republik
und zu Anfang der Kaiserzeit hat die Regierung denselben beson
dere Aufmerksamkeit zugewendet, da sie in immer stärkerer Weise als
politische Organisationen auftraten, weshalb man des öfteren an
die Auflösung von Vereinen ging und die Konzessionierungspflicht
einführte. Die Vereinigungen überhaupt waren besonders dadurch
bedenklich geworden, daß die zum Teil zugelassenen Sklaven all
mählich allzuheftig ihre Leibeskräfte bei den politischen Verwick
lungen einzusetzen pflegten. Das so bedingte schärfere Vorgehen der
Regierung dürfte vielfach auch reine Handwerkerkorporationen ge
troffen haben.
Über die Berufsehre hatten die vornehmen Römer von den
Panischen Kriegen an ungefähr dieselben Anschauungen wie die
höheren Stände der griechischen Welt vom 5. Jahrhundert an
oder wie die gleichen Kreise unserer Zeit, die Klassen, die sich
durch Bildung und Besitz auszeichnen, zum Teil sogar Klassen,
die keines von beiden aufzuweisen haben, aber durch Prätensionen
beides ersetzen. Während in den ältesten Zeiten Roms der vor
nehme Mann wohl selbst auf dem Felde mit Hand anlegte und
nur im Dienste eines anderen zu stehen mißachtete, wird es all
mählich üblich, sich überhaupt jeder physischen Anstrengung zu
enthalten. Es wurde damals, so wie heute in den entsprechenden
Kreisen, als ein Unglück angesehen, wenn der Sohn einer besser
situierten Familie sich durch ein Handwerk oder gar durch ge
wöhnliche Lohnarbeit sein Brot verdienen mußte. Während man
aber heute in den Kreisen, welche jeden niedrig einschätzen, der
sich mit diesen Dingen befassen muß, vielfach vorgibt, prinzipiell
jede Arbeit zu achten, haben Vertreter der analogen Interessen
in Rom unumwunden erklärt, daß sie niedere Arbeiten und die
jenigen, welche sie ausüben, niedrig einzuschätzen pflegen. Während