Handwerker, Berufsehre, Sklaverei. 101
ursprünglich Geld- und Handelsgeschäfte überhaupt nicht für vor
nehm galten, hat man sich an die rentableren Betriebsformen
gewöhnt und sie im großen Stil für vereinbar mit dem erklärt,
was man von einem Manne der feinen Gesellschaft zu fordern
berechtigt sei. Wenn sie auch in Rom ähnlich wie in anderen
Staaten (Aristoteles, Politik, ed. Susem. VIII, 10,4), durch das
Gesetz für gewisse Klassen als unzulässig erklärt wurden, so ge
stattete dennoch die Sitte die indirekte Beteiligung. In gleicher
Weise hat ja auch in der modernen Entwicklung der Adel sich ein
Recht nach dem anderen errungen, und es kann heute jemand vom
höchsten Adel das Bierbrauen ebenso betreiben wie ein Industrie
unternehmen, ohne sich, wie etwa im 17. und 18. Jahrhundert,
deswegen der Mißachtung seiner Standesgenossen auszusetzen.
Freilich, einen kleinen Laden haben, war in Rom ebensowenig
gentlemanlike wie heute.
Es galt auch damals als besonders vornehm, wenn man nicht
als Kaufmann sein Leben beschloß, sondern auf seinen Gütern als
Großgrundbesitzer (Cicero, Über die Pflichten 1,150), wobei nicht
vergessen werden darf, daß der Grundbesitz damals auch eine der
sichersten Anlagemöglichkeiten für Geld darstellte. Nur die Ab
kömmlinge der unteren Klassen trieben damals, so wie bei uns,
die Gewerbe oder wendeten sich der Lohnarbeit zu, zu ihnen kam
noch ein Teil der Freigelassenen, soweit diese nicht im privaten
Verwaltungsdienst standen oder sich den Geld- und Handels
geschäften zuwendeten. Die Sklaven wurden selbstverständlich so
wohl als gemeine Arbeiter als auch in den Geld- und Handels
geschäften verwendet (S. 73). Die Freigelassenen wurden in jeder
Weise zurückgesetzt und ihnen das Vordringen im Staatsdienst
und in der Gesellschaft möglichst erschwert. Doch fanden die reich
gewordenen Freigelassenen Mittel und Wege, in die vornehme
Welt einzudringen und gar manchem Mann von altem Geschlecht
den Rang abzulaufen. Sie benutzten oft ihren Einfluß und ihre
Macht dazu, ihren Nachkommen ein entsprechende soziale Stellung
zu sichern.
Die römische Expansion förderte die industrielle Entwicklung
des Mittelmeergebirtes nicht nur dadurch, daß Rom als Käufer
auftrat, sondern auch durch die vermehrte Sklaven zufuhr.
Besonders die Kriege mit den Karthagern, dann mit den Grie
chen und Kleinasiaten sowie mit den Seeräubern lieferten über
reichliches Material. Die letzten Jahrhunderte der Republik haben