97
ments für Handel und Manufakturen bei seiner Wertberechnung be
gangen hat, besteht darin, daß es erstens den Wert der Roh
baumwolle, zweitens den der daraus herge st eilten
Gespinste und drittens den der fertigen Stoffe —
anstatt z u berücksichtigen, daß jede vorhergehende
Ziffer ihrem vollen Betrage nach in der nächst
folgenden drin st eckt — einfach addiert hat, und das
Resultat soll dann den Gesamtwert der russischen Baumwoll-Textil-
industrie darstellen. So nach Scharapow a. a. O.
Am dunkelsten wird die Sache vollends da, wo im Vorwort zu einer
späteren Publikation des Finanzministers: „Zusammenstellung von Daten
über die russische Fabrikindustrie für das Jahr 1897" der im Jahr vorher
gemachte Fehler zwar eingestanden, darauf aber „das Streben der Fabri
kanten, den wahren Umfang ihrer Produkte zu verheimlichen", als aus
reichende Kompensation des unter gelaufenen Versehens in der Berechnung
hingestellt wird. In der an den Kaiser adressierten Denkschrift zum
Budget für 1900 erscheint denn auch richtig wieder die auf Grund jener
originellen Berechnungsmethode gefundene kolossale Summe für den Wert
aller Produkte der russischen Textilindustrie, lind diesen selben groben
Schwindel, um keinen noch stärkeren Ausdruck zu gebrauchen, wagt der
russische Finanzminister in einem an die Person seines Kaisers adressierten
offiziellen Schriftstück der ganzen Welt aufzutischen! Es ist bezeichnend
für dasjenige Maß von Verständnis und Interesse, das bei uns wie
anderswo in Europa für die russischen Dinge existiert, wenn über ein
derartiges Stück außerhalb Rußlands überhaupt noch nichts an die
Oeffentlichkeit gedrungen ist — abgesehen von der 1901 in Berlin er
schienenen, aber bis jetzt fast ganz unbeachtet gebliebenen, in russischer
Sprache gedruckten Broschüre Scharapows."
Helfferich aber tischt seinen Lesern den alten Schwindel auf, der
schon vor Jahren widerlegt wurde.
Ueber die Zuverlässigkeit des erwähnten LuIIstin russs belehrt uns
Rohrbach (S. 31) in folgender Weise:
„Zum Schluß noch ein letztes Stück Wittescher Rechnungskunst im
Eisenbahnetat. Das russische Finanzministerium gibt seit mehreren
Jahren eine Art Kommentar zum Budget unter dem Namen „LuIIstin
russs äo statistigus linanoitzrs st äs Isgislation" heraus, um das Aus
land, natürlich in einer durchaus nach den russischen Interessen gefärbten
Weise, über die Details der Finanzverwaltung zu informieren. Im Jahre
1897 verkündete Herr von Witte im „LuIIstin russs", nunmehr fei die
Periode der Eisenbahndefizite vorüber, und der Staat erziele aus seinem
Bahnbetriebe einen Reinüberschuß. Diesen angeblichen Retnüberschuß
gab der Finanzminister für 1896 auf 34,8 Millionen Rubel an. Zwei
Jahre später fand sich im „LuIIstin" der Vermerk, der Ueberschuß pro
1896 sei faktisch um 6,4 Millionen kleiner, weil man das vorige Mal ver
sehentlich eine private Eisenbahnlinie (Moskau-Brest) unter die Staats
eisenbahnen gezählt habe! In dem Bericht an den Kaiser zum Budget
für 1900 ist der Reingewinn der Staatsbahnen für 1896 sogar auf bloße
11,3 Millionen Rubel gesunken. Warum? Weil Herr von Witte im