Die kommunale Vermögensbesteuerung in Hessen.
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eines großen Staats, wie es Preußen ist, wirkt es, selbst in den
größten Dosen genommen, nur auf besonders der Suggestion aus
gesetzte Media. Nun waren aber bis zur Miquelschen Steuer
reform, also bis vor einem Jahrzehnt, die Realsteuern ganz wesent
lich Staatssteuern, und auch hier blieb der Schuldenabzug versagt.
Dasselbe war in Hessen der Fall. Damals paßte jedenfalls diese
Begründung der Rohertragsstenern noch nicht oder nicht so gut, wie
heute. Die neue Ausrede für ein altes Unrecht erscheint also etwas
verdächtig und wenig glaubhaft. In Staaten mit reinem Ertrags
steuersystem kann die Nichtberücksichtigung der Verschuldung auch
heute noch nicht haltbar erscheinen, bei der Gewerbesteuer werden
deswegen auch gelegentlich wenigstens die mit dem Erwerb verknüpften
Schuldzinsen in gewissen Grenzen für abzugsfähig erklärt.
Fragt man sich, was die ältere Doktrin und ebenso die frühere
staatliche Finanzpraxis veranlaßt haben, die doch sehr naheliegende
Forderung der Berücksichtigung der Schulden so kühl abzulehnen,
so wird man sagen müssen, daß eben bis Mitte des vorigen Jahr
hunderts bei dem Mangel einer ausgebildeten Kreditwirtschaft ein
mal die Schuldbelastung durchschnittlich eine mäßige war, und zum
andern starke Differenzen in der Höhe der Verschuldung im allge
meinen nicht zu beobachten waren. Das ist aber in der Gegenwart
ganz anders geworden. Der außerordentlich gesteigerte Kredit
verkehr, dank dessen die Kreditverpslichtungen von Jahrzehnt zu
Jahrzehnt sich häuften und immer stärkere Verschiedenheiten in
der Höhe der Verschuldung zutage traten, mußte eine Wandlung
in den Anschauungen aller kritisch veranlagten Köpfe über das
Schuldenabzugsproblein herb^führen. Auf den waschechten Boden-
reformer, der heute mit Vorliebe in Steuerfragen das große Wort
führt, macht natürlich der Einwurf, man könne unmöglich einen
Wohlhabenden, der ein Haus schuldenfrei besitzt, bei der Grund-
steuerveranlagung ebenso behandeln, wie einen tief verschuldeten
armen Teufel, dem tatsächlich kein Dachziegel von dem versteuerten
Objekt gehört, keinen Eindruck, denn er wittert hinter jeder hypo
thekarischen Belastung, überhaupt hinter jedem wirtschaftlichen Vor
gänge, wüste Spekulationsmanöver. Die Darmstädter Boden-
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