Full text: Die geplante Erhöhung der Brausteuer für das norddeutsche Braugewerbe und deren Folgen

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trinkenden Bevölkerung geschlagen. Bei Festen und Kirch 
weihen kommt an Stelle des “/»# Liter-Glases der Literkrug. 
Diese Anwendung des letzteren gehört zu den Ausnahmen, 
von welchen wir weiter oben sprachen. Und gerade in diesen 
Dörfern trinkt man den stärksten Schnaps. Es muß 48prozentiger 
sein! Jetzt endlich aber, langsam und sicher, hebt sich der Bier 
verbrauch und verdrängt allmählich diese Runden. Namentlich 
die jüngeren Leute fangen an, mehr Bier zu trinken, da es 
billig und bekömmlich ist. 
Ein anderes Bild. In Dörfern des Thüringer Waldes 
sahen die Wirtsräume aus wie die Schulstuben. Schwere 
Tische und Bänke standen in wohlgeordneten Reihen, die 
Tische und Bänke fest in den Fußboden eingelassen. Ein 
eigentümlicher, ungemütlicher Anblick. Als wir vor Jahren 
diese wundersame Einrichtung zum ersten Male erblickten 
und erstaunt fragten: „Warum das?", da kam die 
noch erstaunlichere Antwort: „Ja, das muß so sein. Wenn 
Tische und Bänke nicht fest eingeschraubt sind, dann schlagen 
„sie" des Abends alles kürz und klein. Dann gibt es alle 
Augenblicke blutige Köpfe". Das war in der guten, alten 
Schnapszeit. Seitdem hat nach und nach billiges Bier seinen 
Einzug gehalten und die Sitten gemildert Noch im vorigen 
Sommer fanden wir eine derartige unheimliche Einrichtung 
vor, sie war aber gerade im Schwinden begriffen. „Nun, ist das 
jetzt möglich?" „Ja, „sie" sind nicht mehr so wild, „sie" 
trinken jetzt mehr Bier." 
Auch der Schnapsverbrauch hat seine Berechtigung. Der 
Arbeiter, der bei Wind und Wetter, bei Frost und Külte, der 
Mann, der in der Nässe arbeiten muß, bedarf eines solchen 
Anreizes. Das können sich so manche Herren, die bei Rot- 
spohn und Sekt sitzen, gar nicht denken, sie rümpfen ver 
ächtlich die Nasen. Ja, die guten Herren haben eben so gar 
keine Ahnung, welch beschwerlicher Dienst dem Arbeiter oft 
zufällt und wie ganz anders das alles von ihm verarbeitet 
wird. Alkohol ist nur eine Peitsche, ein Anreiz:» ittel, sagt 
man. Mag sein, aber ein nötiges Anreizmittel. Sieht niau 
doch auch hohe Herren bei der Jagd die fein geschliffenen 
Kognakflaschen aus den Taschen ziehen. Nicht gegen den 
Schnaps an sich soll hier gesprochen werden, sondern nur 
gegen seinen unberechtigten Verbrauch, und den unterbindet 
am besten billiges Bier. Damit ist auch nicht etwa der wüsten 
Biertrinkerei das Wort geredet. Durchaus nicht, das Zuviel 
ist überall zu bekämpfen, natürlich auch beim Bier. 
Man sagt nun, das Bier soll ja nicht verboteil werden, bei 
dem Ausschlag handelt es sich nur um Pfennige, und der Arbeiter 
braucht ja nur täglich ein Glas Bier weniger zu trinken, 
dann ist alles wieder eingebracht. Das sagen ganz ernste
	        
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