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Surrogaten. Die Herbstzeitlose wird verwendet, hört man sagen.
Hat das schon jemand gesehen? Nein, das wird ganz im geheimen
gemacht. Die deutschen Brauereien verkaufen jährlich für
eine Milliarde Bier, und die Stoffe dazu werden in der
Westentasche fortgetragen. Wunderbar! Wenn eine Hopfen
handlung nur 1000 Ztr. Herbstzeitlose bestellen würde, könnte
das wohl so ganz im geheimen gemacht werden? Und was
sind 1000 Ztr. für den Hopfenhandel? Eine kleine Spielerei.
Würde man wohl 1000 Ztr. Herbstzeitlose billiger beschaffen
können als 1000 Ztr. Hopfen? Doch, lassen wir das, das ist auch
nur eine kleine Spielerei, des Gegenbeweises bedarf es nicht;
stellen wir fest, daß es Hopfensurrogate überhaupt nicht gibt.
Dagegen gibt es Malzsurrogate. Zunächst wurde und
wird noch in verschiedenen Fällen Reis verwendet an Stelle des
Malzes. In Thüringen ist die Reisbrauerei längst verschwunden.
Die Reisbiere geben größere Haltbarkeit und sind aus diesem
Grund nicht ganz zu entbehren für den überseeischen Versand.
Deshalb verbietet der Entwurf den Reis auch nur für den
inländischen Verbrauch. Letzteres jedenfalls mit Recht, denn
Reisbiere haben höheren Alkoholgehalt als Malzbiere.
Danil wird als Surrogat Zuckercouleur verwendet, also
ein zuckerhaltiger Färbestoff. Auch da handelt es sich in der
Hauptsache um Bekämpfung eines Borurteils. Es ist wohl
schon über ein halbes Jahrhundert her, als noch allein die
alte Rauchdarre herrschte. Je mehr Malz, nicht nur desto
stärker, sondern auch desto dunkeler wurde das Bier. Die
Darren haben seitdem Verbesserungen aus Verbesserungen er
fahren, das Malz ist längst nicht mehr braun, es ist licht;
schon seit Jahrzehnten hat die Farbe des Bieres auch nicht
das geringste mehr zu tun mit der Güte und der Stärke des
Bieres, doch das Vorurteil ist geblieben, starkes Bier muß
dunkel sein, lichte Biere sind leichte Biere. Man kann ja
auch heute noch dunkele Biere ohne Surrogate herstellen,
durch Farbmalz und Farbebier. Letzteres ist aber viel teurer.
Die Verwendung von Zuckercouleur ist einfacher und wesent
lich billiger, deshalb ist dieses Surrogat heute noch vielfach
in Anwendung. Die größereil Brauereieil haben diesen
Verbrauch immer mehr abgestoßen. Sie mußten ihn ab
stoßen aus Gründen, die noch erörtert werden sollen. Der
Umstand, daß die anderen Verfahren teuerer sind, konnte die
größeren Brauereien nicht davon abhalten, diese zu gebrauchen
und sich von den Surrogaten zu befreien.
Weiter gibt es als Surrogate noch eine Reihe von
Süßmitteln. Der Malzgeschmack soll nachgeahmt, die Biere
sollen vollmundiger gemacht werden. Nach den Anpreisungen,
mit welchen die Brauereien überschüttet werden, muß es wohl
eine ganze Anzahl solcher Mittel geben.