Dazu kommen politische Schwierigkeiten. Im Osten
Kanadas z. B., in der englisch sprechenden Provinz Ontario, die
sich durch die Nähe des französisch-kanadischen Quebec gefähr-
det glaubt, besteht die starke Tendenz, die Einwanderung aus
Kontinentaleuropa zu beschränken.
Ehe wir uns überhaupt für die Auswanderung europäischer
Arbeiter nach überseeischen Ländern einsetzen können, müßten
zuvor eine Reihe von Sicherungen getroffen werden, die ver-
hindern, daß die Auswanderung sich als wohlrentierendes kapita-
listisches‘: Geschäft, als eine Art „Kulturdünger‘“ entwickelt.
Und dabei ist es nun außerdem völlig gleichgültig, ob es sich um
„eigene‘ Kolonien oder um fremde selbständige Staaten han-
delt. Diese Gefahr besteht in beiden gleichmäßig. Die Arbeiter-
bewegung darf niemals der Tatsache Vorschub leisten, daß der
Arbeiter, der aus dem kapitalistischen Mutterland auswandert,
um sich dem einheimischen Druck zu entziehen, im Ausland erst
recht als Kuli und Streikbrecher wirkt, anstatt als Keimzelle
des revolutionären Zusammenschlusses und der politischen Auf-
klärung unter den überseeischen Arbeitern. Wenn die Möglich-
keit zur Auswanderung größerer Massen europäischer Arbeiter
überhaupt bestände, so wäre es zunächst Aufgabe der Gewerk-
schafts- und der Sozialistischen Arbeiter-Internationale; Siche-
rungen zu schaffen, daß die auswandernde Arbeiterschaft nicht
nach der Art des „Deutschtums im Ausland“ zum Hindernis des
proletarischen Freiheitskampfes wird.
Die handels= und wirtschaftspolitische Bedeutung
der Kolonien
In dem Maße wie die Arbeitskolonien an Bedeutung zurück-
gehen, verlieren die kolonialen Gebiete an Wert für die Aus-
wanderung der europäischen Arbeiterschaft. In der zweiten
kolonialen Periode sieht die europäische Wirtschaft den Wert
der Kolonien in der Einfuhr der Rohstoffe und. in der Ausfuhr
der europäischen Fertigfabrikate. Dieser Kreislauf hat besonders
der englischen Industrie beträchtliche Profite eingebracht. Da-
von haben wir aber scharf zu scheiden den Nutzen, den diese in-
dustrielle Entwicklung der Arbeiterschaft des Mutterlandes ge-
bracht hat, und ferner zu untersuchen, ob für die Dauer die
industrielle Entwicklung des Landes dadurch wirklich gefördert
worden ist.
Die Ausfuhr heimischer Industrieerzeugnisse nach den
Kolonien hat zu keiner Zeit das qualitative Niveau der einhei-