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ist, wird voraussichtlich auch in dieser Session nicht zur
Verabschiedung gelangen. Allerdings setzen die Franzosen
alle Hebel in Bewegung. Und es darf nicht unaus
gesprochen bleiben, daß sie mit großem Geschick operieren
und die ihnen ohnehin zugewandte Gunst der Amerikaner
nicht ohne Erfolg zu mehren suchen. Vor einigen Monaten
hatte die französische Regierung den früheren Handels
minister, Herrn Jules Siegfried, nach hier gesandt. Er
propagierte die für sein Land zu vertretenden Interessen
sehr gewandt; von allen Seiten wurden Feste und Banketts
zur Ehrung für ihn arrangiert. Er schmeichelte den Ameri
kanern durch die Meldung, die Franzosen wollten eine
französische Industrie- und Handelsschule, wahrscheinlich
in Philadelphia, errichten, »seien doch die Vereinigten Staaten
das vorbildliche Land, in dem die heranwachsende fran
zösische Jugend auf kaufmännischem und gewerblichem
Gebiete am meisten sehen und lernen könne«. Nach Paris
zurückgekehrt, veranstaltete Herr Siegfried große Versamm
lungen. Die von ihm vorgebrachten Argumente zugunsten
eines Reziprozitätsvertrages zwischen den beiden Ländern
machten, wie emphatisch an alle amerikanischen Zeitungen
gekabelt wurde, großen Eindruck. Trotzdem bezweifeln
hiesige politisch unterrichtete Kreise einen Erfolg des Liebes-
werbens, wenigstens für die nächste Zeit. Kommt aber die
»Konvention« jetzt oder später zustande, so werden auch
wir die Frankreich eingeräumten Zollerleichterungen zu
beanspruchen haben. Allerdings ist die amerikanische
Auslegung des MeistbegünstigungsbegrifFs in der Haupt
sache nichts anderes als ein Sophisma; ich habe neulich
in einem Interview im »New York Sun« gesagt: »Our
trade treaties with the United States now are like a
bag that is full of holes. We want to sew up the
holes.« (»Unsere Handelsverträge mit den Vereinigten