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Arbeiter aber hat — wenn man die Bankgeschäfte in einzelnen
Orten ausnimmt — gerade am Sonnabend eine besonders reiche
Arbeitslast zu bewältigen und muß doch noch am Sonntag arbeits
bereit sein.
Zu den sittlichen und geistigen Nöten kommt die gesundheit
liche Gesährdung. Die andauernd intensive Arbeit, die nicht durch
einen vollen Ruhetag unterbrochen wird, greift das Nervensystem
an. Tatsächlich sind Nervenkrankheiten bei den Handlungsgehilfen
recht häufig. Auch andere Erkrankungen schwerer Art, ganz be
sonders Augen- und Lungenleideu, beginnen die Handlungsgehilfen
in hohem Maße heimzusuchen.
Ist die Sonntagsarbeit entbehrlich? Würden durch ihre Be
seitigung irgendwelche berechtigten Interessen geschädigt werden?
Das ist der Kernpunkt der Frage.
Als die Beschränkung der Sonntagsarbeit auf 5 Stunden
eingeführt wurde, da hallte die gesamte Presse, soweit sie über
eifrig die Interessen der selbständigen Kaufleute wahrnehmen zu
müssen glaubte, von Prophezeiungen über den Untergang unseres
Handels wieder. Diese Prophezeiungen haben sich als leere
Phrasen erwiesen. Wenn man heute die Geschäftsinhaber fragen
würde, ob sie den früheren Zustand wieder eingeführt haben
wollen, mit verschwindenden Ausnahmen würden alle mit „nein"
antworten.
Unser Verband hat im Jahre 1903 eine Umfrage unter
Berliner Geschäftsinhabern gehalten, um ihre Meinung über die
Sonntagsruhe zu hören. Das Ergebnis war folgendes: Von
299 Engrosgeschäften, die antworteten, haben sich nur 2 gegen
jede weitere Einschränkung der Sonntagsarbeit erklärt, 26 glaubten
mit einer Arbeitszeit bis um 10 Uhr auskommen zu können, die
übrigen waren für völlige Sonntagsruhe. Von 651 antworten
den Detailgeschäften (die Lebensmittel- und Zigarrenbranche, zu
der wir wenig Beziehungen haben, kam dabei nicht in Betracht)
sprachen sich 73 gegen jede Einschränkung aus, 236 für Schluß
um 10 Uhr früh, der Rest für volle Sonntagsruhe.
Das Gesetz läßt bekanntlich an den vier Sonntagen vor Weih