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Arbeitslohn und Kapital.
Buch I.
worden ist, und nur in dem Maße beschäftigt werden können, in dem
letzteres geschehen ist.
Dennoch sagt man uns in denselben Schriften, in welchen die
Begrenzung des Gewerbefleißes durch das Kapital ohne Vorbehalt
behauptet und zur Basis der wichtigsten Beweisführungen und ge
lehrtesten Theorien gemacht wird, daß das Kapital aufgespeicherte oder
angehäufte Arbeit sei — „jener Teil der Güter, der gespart wird,
um die künftige Produktion zu unterstützen". Setzen wir für das Wort
„Kapital" diese Erklärung desselben, so trägt der Satz seine eigene Wider
legung in sich, denn daß Arbeit nicht beschäftigt werden könne, bis das
Ergebnis derselben gespart sei, ist zu absurd, um überhaupt diskutiert
zu werden.
Sollten wir indes versuchen, mit dieser reductio ad absurdum
die Beweisführung zu schließen, so würde uns wahrscheinlich die Er
klärung entgegengestellt werden, nicht, daß die ersten Arheiter durch die
Vorsehung mit dem nötigen Kapital ausgerüstet wurden, um ihnen
die Arbeit zu ermöglichen, sondern daß der Satz sich lediglich aus einen
gesellschaftlichen Zustand beziehe, in welchem die Produktion eine
komplizierte Operation geworden sei.
Aber die fundamentale Wahrheit, welche bei jedem national
ökonomischen Argument ins Auge gefaßt und immer festgehalten
werden muß, ist, daß die Gesellschaft in ihrer höchst entwickelten Form
nur eine künstlichere Mischung der Gesellschaft in ihren rohesten An
fängen ist, und daß die in den einfacheren Beziehungen der Menschen
obwaltenden Grundsätze bloß verhüllt, nicht aber aufgehoben oder
umgekehrt sind durch die verwickelteren Beziehungen, die aus der
Teilung der Arbeit und der Benutzung komplizierter Werkzeuge und
Methoden entstehen. Die Dampf-Mahlmühle, die mit ihren ver
wickelten Gängen die verschiedensten Bewegungen ausweist, ist doch
nur dasselbe, was der rohe, aus einem alten Flußbett ausgegrabene
Steinmörser zu seiner Zeit war — ein Werkzeug, um Korn zu mahlen.
Und jedermann, der darin beschäftigt ist, ob er nun Holzscheite in den
Ofen schiebt, die Maschine in Gang setzt, die Steine richtet, die Säcke
zeichnet oder die Bücher führt, widmet tatsächlich seine Arbeit dem
selben Zwecke, wie es der vorhistorische wilde tat, als er seinen Mörser
brauchte —nämlich der Zubereitung des Korns zur menschlichen Nahrung.
Und wenn wir so all die verwickelten Verrichtungen moderner
Produktion auf ihre niedersten Formen zurückführen, so sehen wir, daß
jeder einzelne, der an diesem unendlich verzweigten und verwickelten
Netzwerk der Produktion und des Austausches teilnimmt, in Wirk
lichkeit nichts anderes tut, als was der Urmensch tat, als er die Früchte
von den Bäumen herunterholte oder der Ebbe folgte, um Schattiere
und Muscheln zu suchen — nämlich von der Natur durch Anstrengung
seiner Kräfte die Befriedigung seiner wünsche zu erlangen sucht. Be
halten wir dies fest im Auge, betrachten wir die Produktion als ein