Full text: Die Untersuchung landwirtschaftlich und gewerblich wichtiger Stoffe

Obstkraut, Rübenkraut und Malzkraut. 
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Für gewöhnlich ist indes mehr daran gelegen, die Menge des Ohstsaftes und 
dessen Zusammensetzung kennen zu lernen. Man wägt zu dem Zweck eine Anzahl 
Apfel oder Birnen ah, zerreibt diese mit einer Reibmaschine, bringt den Brei wie 
bei Zuckerrüben in ein Flanellpreßtuch, preßt gehörig aus, wägt den Preßrück- 
stand zurück und erfährt die Saftmenge aus der Differenz. Saft und Preßrückstand 
(Trester) werden dann wie bereits angegeben weiter untersucht. 
B. Obsterzeugnisse. 
I. Obstkraut, Rübenkraut und Malzkraut (oder sog. Maltose). 
Unter „Obstkraut“ wird ebenso wie unter „Rübenkraut“ (auch wohl „Sirup“, 
„Gelee“ oder „Mus“ genannt) das durch Eindunsten des Obst- bezw. Zuckerrüben 
saftes ohne Zusätze gewonnene Erzeugnis verstanden. Hierzu gesellt sich das sog. 
Malzkraut, welches durch Einwirkung von Diastase (Malz) auf Maisstärke usw. ge 
wonnen wird und denselben Zwecken dienen soll. 
Das wertvollere Obstkraut wird vielfach durch Rübenkraut, Malzkraut, Rohr 
zucker oder auch durch die billigen Stärke- oder Dextrinsirupe 1 ) verfälscht. 
Die Untersuchung und Nachweisung der Verfälschungen kann in folgender 
Weise geschehen; 2 ) 
1. Wasser. 3—6 g Kraut bezw. Sirup werden wie Zuckersäfte usw. (S. 610) 
behandelt. Oder man löst ebenso zweckmäßig und sicher 10 g in 100 ccm Wässer, 
bringt hiervon 25 bezw. 50 ccm in ein flaches, mit hinreichend geglühtem Seesand 
beschicktes Glasschälchen, dampft erst bis zur Sirupkonsistenz im Wasserbade ein, 
bringt dann in einen Yakuum-Trockenschrank und trocknet 4—5 Stunden im Vakuum 
bei 100°. Nur letzteres Trockenverfahren liefert gleichbleibende und richtige Er 
gebnisse. 
Ebenso zweckmäßig ist die indirekte Bestimmung nach Windisch (Tabelle XIX 
im Anhänge), indem man 25 g mit Wasser auf 100 ccm löst und von der Lösung 
das spezifische Gewicht bestimmt. 
2. Optisches Verhalten. 10 g Kraut bezw. Sirup werden in etwa 80 ccm 
Wasser gelöst, mit 10 ccm (zuweilen auch mit 15—20 com) Bleiessig versetzt, auf 
100 ccm gebracht und im 200 mm-Rohr polarisiert. A. Stutzer 8 ) nimmt eine 
5-fache Verdünnung; 100 g werden in einem Becherglase abgewogen, in wenig 
heißem Wasser gelöst, unter Abkühlen auf 1 / 2 1 gebracht, hiervon nach hinreichendem 
Mischen 200 ccm genommen, diese mit einem annähernd gleichen Volumen gereinigter 
und völlig trockner Knochenkohle versetzt und über Nacht in einem bedeckten 
Becherglase stehen gelassen. Am folgenden Tage wird ein Teil der Flüssigkeit 
abfiltriert, 100 ccm des Filtrats mit 10 ccm Bleiessig versetzt und das Filtrat 
hiervon in einem 220 mm-Rohr polarisiert. 
Wir haben gefunden, daß bei einer Verdünnung von 1 : 10 die Lösungen 
durch Zusatz von 10 bezw. 15 ccm Bleiessig für die Polarisation durchweg hin 
reichend klar werden. Die Anwendung von Knochenkohle hat den Nachteil, daß 
Me neben Farbstoffen usw. auch Zucker absorbiert (vergl. S. 603). 
3. Zuckerarten. 10 g des Krautes werden in 1000 ccm Wasser gelöst, filtriert, 
von dem Filtrat 25 ccm nach dem Verfahren von Meißl nach S. 230 mit 50 ccm 
Behlingscher Lösung (25 ccm Kupfersulfat- und 25 ccm Seignettesalzlösung) und 25 ccm 
Wasser zum Sieden erhitzt und 2 Minuten im Sieden erhalten. Das ausgeschiedene 
ü Vergl. J. König, Zeitschr. f. Untersuchung d. Nahrungs- u. Genußmittel 1900, 
3, 217. 
2 ) Vergl. Zeitschr. f. anal. Chemie 1889, 28, 404. 
3 ) Zeitsehr. f. angew. Chemie 1888, 700.
	        
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