886 Verunreinigung der Gewässer, deren Schädlichkeit und Nach Weisung.
Diese Formen verschwinden vollständig auch in rasch fließenden Wässern, wenn die
selben durch Abwässer, welche organische Stoffe in reichlicherem Maße enthalten, ver
unreinigt werden.
ln stehenden, von Natur aus an organischen Stoffen reichen Gewässern linden sich
dagegen häufig:
gewisse Flagellaten (z. B. Monas riv.),
Fäulnisinfusorien (z. B. Paramaecium, Chilodon),
gewisse Würmer (z. B. Tubifex rivulorum, Limnodrilus Dudekeminaus),
Muscheln und Schnecken (Anodonta anal.),
Stechmückenlarven (Pulex pipiens) usw.
Diese Formen treten auch zum Teil in auffallend großer Menge in fließenden Ge
wässern auf, wenn dieselben mit organischen Stoffen angereichert werden, also auch bei
Verunreinigungen mit Abfällen organischer Natur.
y) Eine Wasserverunreinigung ist ferner als erwiesen zu betrachten:
1. wenn die Flora des Gewässers, und zwar sowohl die höheren wie die niederen Pflanzen,
abstirbt oder einen schnellen und auffälligen Rückgang zeigt;
2. wenn unter den niederen Pflanzen die grünen, reines Wasser liebenden Algen zurück
treten oder verschwinden und andere, organischer Verbindungen zu ihrer Ernährung
bedürfende Algen und Pilze überhandnehinen.
Die Verfahren zur Untersuchung dieser Verhältnisse entsprechen im allgemeinen den
Gesichtspunkten, welche für die vergleichende Untersuchung der Tierwelt (sub ß) bereits
als maßgebend hervorgehoben sind.
ad 1. Die Zusammensetzung und der Vegetationszustand des Bestaudes an höheren
und niederen Pflanzen in einem Wasserbehälter gibt oft Anhaltspunkte für die Beurteilung
des Wassers.
In dieser Hinsicht ist darauf zu achten, ob an einer der Verunreinigung verdächtigen
Stelle sich die Pflanzen nach Menge und Artenzahl von denjenigen anderer Stellen des
selben oder auch eines ähnlichen benachbarten Gewässers unterscheiden. Ferner ist fest
zustellen, ob auffallende Veränderungen in der Flora, besonders das Absterben oder Kränkeln
aller Pflanzen oder eines Teiles derselben, vor kurzem stattgefunden haben und ob sie
schnell oder allmählich vor sich gegangen sind. Plötzliches Absterben der Pflanzen eines
Wasserbehälters muß, wenn nicht eine andere Ursache ersichtlich ist, als ein Zeichen
starker Verunreinigung des Wassers betrachtet werden. Ebenso deutet vollständiges Fehlen
höherer Pflanzen in Teilen eines Gewässers, welches im übrigen den gewöhnlichen Pflanzen
bestand aufweist, auf starke Verunreinigung der vegetationslosen Strecken hin; mit der
fortschreitenden Reinigung eines fließenden Gewässers stellen höhere Pflanzen sich all
mählich wieder ein. So zeigte sich in bestimmten Fällen, daß stromabwärts von der
Quelle der Verunreinigung in einem Flusse nach einer ganz vegetationslosen Strecke nach
einander wiederauftraten: von Wasserpflanzen Potamogeton peotinatus, Ranunculus flui-
tans, Lemna minor, Ceratophyllum demersum, von Uferpflanzen Sparganium ramosum,
Sagittaria sagittaefolia, Glyceria spectabilis, Butoraus umbellatus, Alisma Plantago. Da
gegen scheinen gegen Verunreinigungen besonders empfindlich und daher Anzeichen sehr
reinen Wassers zu sein: die Seerosen Nuphar luteum und Nymphaea alba, auch wohl
Scirpus lacustris.
ad 2. Im allgemeinen lieben die rein grün gefärbten Algen, welche entweder frei
im Wasser schwimmen oder Überzüge, Büschel, Rasen usw. auf im Wasser liegenden
Gegenständen bilden, reines Wasser, und man darf deshalb das Vorhandensein einer reich
lichen und normal wachsenden Vegetation grüner Algen — namentlich in stehendemoder
langsam fließendem Wasser — als Zeichen der Reinheit des letzteren ansehen, Ansamm
lungen von Bazillarien (Diatomeen) finden sich in Wässern von sehr verschiedener Be
schaffenheit; deshalb ist es nötig, wenn man aus ihrem Vorhandensein einen Schluß auf
die Beschaffenheit des Wassers ziehen will, die vorkommenden Arten genau zu unter
scheiden. Auch gibt es grüne Algenarten, wie Vaucheria, Scenedesmus, Pediastrum, die
außer in reinem auch in verunreinigtem Wasser Vorkommen. Deshalb wird die Beurteilung