Nachweis der Beschädigungen durch saure Rauchgase.
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Nach E. Haselholl und G. Lindau 1 ) wirken aber die einzelnen Säuren in
physiologischer Hinsicht auf das Plasma verschieden; die schweflige Säure bewirkt
eine bedeutende Erniedrigung der Transpiration, die Salzsäure eine solche der
Assimilation.
A. Wieler 3 ) ist der Ansicht, daß die schweflige Säure bezw. Säuren über
haupt nur durch die Spaltöffnungen der Pflanzen eindringen, womit im Einklänge
stehe, daß die Schädigungen durch saure Rauchgase zu einer Zeit, wo die Spalt
öffnungen am meisten offen seien (wie z. B. bei nebeliger, feuchter Luft und bei
Belichtung), am stärksten auftreten. In jedem Palle beruht die schädliche Wirkung
auf einer Formveränderung bezw. schließlichen Zerstörung des Plasmas; die Wasser
abgabe der Blätter wird durch die Säure nicht — oder nur in vereinzelten Fällen —
beeinflußt. Bei der schwefligen Säure liegt vielleicht eine eigenartige Wirkung in
der Weise vor, daß sie sich mit Assimilaten (Aldehyden des Proteinmoleküls,
Glukose usw.) verbindet und in solcher Verbindung in den Zellen aufgespeichert
oder in andere Organe geleitet wird und sich bald in Form von Schwefelsäure ab
spaltet. Gleichzeitig wird durch sie und andere Säuren die Ableitung der Assimilate
gehemmt, was entweder auf eine Verminderung der Fermenttätigkeit oder der
Ferment- (Diastase-) Erzeugung zurückgeführt werden muß. Auf alle Fälle ist mit
diesen Wirkungen eine Hemmung des Längenwachstums der Pflanzen verbunden,
mag man eine direkte Störung des Plasmas der sich streckenden Zellen oder indirekt
eine Hemmung der Diastaseerzeugung oder -tätigkeit annehmen.
J. v. Schröder, C. Eeuß und W. Schmitz-Dumont 8 ) nehmen an, daß die
sauren Rauchgase, auch wenn sie mit den meteorischen Niederschlägen auf und in
den Boden gelangen, nicht das Wachstum der Pflanzenwurzeln schädigen,
sondern eine Schädigung der Pflanzen nur auftritt, w r enn die Säuren bezw. sauren
Rauchgase mit den Blattorganen der Pflanzen in Berührung kommen. Die Wirkung
vom Boden aus kann nur eine indirekte sein.
Welches aber auch die Ursache der Einwirkung der sauren Rauchgase sein
mag, jedenfalls kann an der Schädlichkeit derselben nicht gezweifelt und muß der
Nachweis der Beschädigung in erster Linie an den Blättern bezw. Nadeln und
weiter vielleicht auch im Boden geführt werden. Indes hat man für den Nachweis
dieser Beschädigungen eine Reihe von Umständen zu beachten, um in der Beur
teilung nicht fehl zu gehen.
I. Vorprüfung und Ortsbesichtigung.
Behufs Nachweises dieser Beschädigungen ist zunächst zu beachten;
1. Die richtige Zeit der Besichtigung und Probenahme. Da die durch
saure Rauchgase und Metalldämpfe bewirkten Beschädigungen (Flockenbildung) eine
gewisse Ähnlichkeit mit vergilbten Blättern oder mit durch Nachtfrost oder Dürre
bewirkten Beschädigungen haben können, so muß die Besichtigung und Probenahme
zu einer Zeit stattfinden, wo ein lebhaftes Wachstum vorhanden ist und wo keine Nacht
fröste oder große Trockenheit eingewirkt haben. Die passendste Zeit wird daher
im allgemeinen Juni bis Anfang August sein. Aber auch dann hat man sich stets
darüber Rechenschaft zu geben, ob für die Zeit und die Gegend Nachtfröste oder
’) E. Hasel hoff und G. Lindau, Beschädigung der Vegetation durch Rauch.
Berlin 1903, 249.
2 ) A. Wieler, Untersuchungen über die Einwirkung schwefliger Säure auf die
Pflanzen. Berlin 1905.
3 ) Tharandter Porstl. Jahrbücher 1896, 46, 1.