Full text: Die deutschen Getreidezölle

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den Getreidezollüberschüssen aufgebaute Witwen- und Waisen 
versorgung die Politik ihrer Partei gutgeheißen hatten, sahen 
ihre Felle davonschwimmen. 
Dieser durch die Äusfuhrscheine verursachte Ausfall 
im Zollertrag war aber noch die geringste Schädigung, welche 
unser Schutzsystem den öffentlichen Finanzen gebracht 
hat. Weit schädlicher ist, daß es die Leistungsfähigkeit der 
Steuerzahler in Reich, Einzelstaaten, Gemeinden erschöpft. 
Daher beschäftigen wir uns seit Jahren vergeblich mit Finanz 
reformen, welche die ordentlichen Einnahmen der öffentlichen 
Körperschaften mit deren Ausgaben ins Gleichgewicht bringen 
sollen. Man hat die direkten Steuern erhöht und einen Ver- 
hrauchsgegenstand nach dem andern mit indirekten Steuern 
belegt, so daß wir vom ersten Schritt aus dem Bette am Morgen, 
big w i r uns wieder niederlegen, nichts genießen, ohne Tribut 
zu zahlen. Dem darüber Seufzenden wird dann regelmäßig 
vorgerechnet, er zahle pro Kopf der Bevölkerung an Reich 
und Einzelstaaten doch noch lange nicht so viel Steuer wie 
z - B. der englische Steuerzahler dem englischen Staate und 
dabei stellt man nur gegenüber, was in Deutschland und England 
der Staat wirklich einnimmt. Als ob der Steuerzahler nur durch 
das belastet würde, was Reich und Einzelstaaten von dem, 
w as er infolge der Steuern mehr zahlen muß, wirklich erhalten, 
und nicht vielmehr durch den ganzen Betrag, den er infolge der 
Erhebung einer Steuer mehr als sonst opfern muß, auch durch 
den, von dem keine öffentliche .Kasse etwas zu sehen 
bekommt! 
Da brachten z. B. die Zölle auf Roggen, Weizen, Gerste 
und Hafer in den drei Jahren 1907/09 dem Reiche 377 013 163 
Mark, in jedem derselben durchschnittlich 125 671 054 Mk. 
Kber der eingeführte Roggen betrug nur 1,6 % des deutschen 
Roggenbedarfs; im Jahre 1909 wurde dieser ganz durch den 
Ui Deutschland gebauten Roggen gedeckt. Ähnlich war es 
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