sind noch überwiegend Agrarstaaten, deren Getreideproduktion
einer erheblichen Steigerung fähig ist. Frankreichs Bevölkerung
ist stationär, seine industrielle Entwicklung schreitet sehr lang
sam fort, sein Boden ist im Durchschnitt fruchtbarer als der
deutsche, sein Klima ist günstiger als das unsrige. Die Vereinigten
Staaten haben das Schutzzollsystem sehr intensiv ausgebildet,
sie sind aber in der glücklichen Lage, keiner Agrarzölle zu be
dürfen, da sie weit mehr Getreide exportieren als importieren.
Keine andern Zölle zehren so sehr am Mark unseres Volkes,
wie die Zölle auf Nahrungsmittel, Vieh und Rohstoffe. Sie
sind weit verderblicher als die Industriezölle; denn diese haben
häufig eine Verbesserung der Produktionstechnik herbei
geführt, und dadurch eine Senkung des Preisniveaus ermög
licht. Die Konsumtion der Fabrikate konnte sich also trotz
der auf ihnen lastenden Zölle immer weiter ausdehnen. Die
von den Industriezöllen ausgehende günstige Wirkung hat
nur dort eine Hemmung erfahren, wo sich Kartelle gebildet
haben, welche die auf Verbesserung der Produktionstechnik
und auf Verbilligung der Produkte hindrängende Konkurrenz
auszuschließen trachteten. Aus diesem Grunde sollte allen
kartellierten Industrien der Zollschutz versagt werden. Die
Agrarzölle aber haben gewöhnlich keine Meliorationen im Ge
folge, sie dienen lediglich der Steigerung der Bodenrente. Da
mit aber ist wiederum die Möglichkeit einer Erhöhung der
Bodenverschuldung gegeben. Sie ist in keinem andern Industrie
staat so hoch, wie in Deutschland, und sie kommt in der
steigenden Tendenz der Lebensmittelpreise, der Wohnungs
mieten, des allgemeinen Zinsfußes zum Ausdruck. Sie trägt
auch dazu bei, den Markt für die Unterbringung staatlicher
Anleihen einzuengen. Diese schwere Belastung des Grundbe
sitzes beeinträchtigt nicht nur die Kreditfähigkeit des deutschen
Volkes, sondern verringert auch die Produktivität seiner Ar
beit und hemmt die Entfaltung seiner Steuerkraft.
Überall tritt der Agrarismus — diese Übertreibung agra
rischer Forderungen — in feindlichen Gegensatz zur industriellen
Entwicklung, er sehnt sich zurück nach der Gebundenheit
e mer untergegargenen Wirtschaftsordnung, während die In
dustrie ohne eine möglichst große Bewegungsfreiheit nicht
gedeihen kann. Der Agrarismus bettelt um die Gaben der