Full text: Zum Kampf um die wirtschaftliche Selbständigkeit des Klein- und Mittelbetriebes

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Der Schutz der Arbeitswilligen 
D urch den Beschluss des Industrierates des 
Hansabundes zugunsten verschärfter Be 
stimmungen für den Schutz von Arbeits 
willigen ist eine starke Beunruhigung in den 
Kreisen der Arbeiter und Angestellten eingetreten. 
Es istrichtig, dassdiese verschärften Bestimmungen 
nicht von den Arbeitswilligen selbst, sondern von 
den Unternehmern verlangt werden, die heute 
bereits durch die Arbeitsnachweise und schwarzen 
Listen eine ganz ausserordentliche Macht auf dem 
Arbeitsmarkt auszuüben in der Lage sind. 
Es muss aber zugegeben werden, dass die 
Behandlung der Angelegenheit von Seiten der be 
troffenen Arbeiter und Angestellten nicht objektiv 
erfolgt, und zwar deshalb nicht, weil man sich nicht 
in die Lage der Gegenpartei zu versetzen bemüht. 
Der eigentliche Name dieser Forderung lautet ja 
zweifellos ganz anders und zwar; Das Recht 
auf freie Wahl der Mitarbeiter. Es steht 
ausser Frage, dass es für einen Unternehmer von 
ganz ausserordentlicher Bedeutung ist, dass ihm 
das Recht verbleibt, Angestellte und Arbeiter, die 
ihm aus diesem oder jenem Grunde unbequem 
sind, entlassen zu dürfen, und es ist ganz zweifel 
los zutreffend, dass diejenigen, die heute dieses 
Recht nicht anerkennen, es fordern würden mit 
dem Augenblick, in dem sie wirtschaftlich selb 
ständig wären, und es sich ereignen sollte, dass 
ein Angestellter, der sich ihnen gegenüber in 
irgendeiner Weise unbequem gemacht hat, weiter 
beschäftigt werden müsste, weil sonst die Werk 
statt seitens der Organisation gesperrt würde. 
Andererseits ist es zutreffend, dass in keiner Werk 
statt oder keinem Unternehmen ein Angestellter 
oder Arbeiter es wagen könnte, irgendetwas im 
Interesse der Angestellten oder Arbeiter not 
wendiges vorzutragen oder zu verlangen, wenn 
er als Folge dieser Aeusserung seine Entlassung 
jeweilig zu befürchten hätte, weil er durch diese 
Forderung sich bei seinem Arbeitgeber unbeliebt 
gemacht hat. 
Die Verhältnisse sind im industriellen Oross- 
betrieb und in den Mittel- und Kleinbetrieben er 
heblich verschieden. Der kleinere, wirtschaftlich 
selbständige Unternehmer, der meistens mit sehr 
scharfem Wettbewerb zu rechnen hat, steht sehr 
oft unter einem viel schwererem Druck von Sorgen 
als der Direktor einer Gesellschaft. Die Schulden, 
die die Aktiengesellschaft oder G. m. b. H. macht, 
drücken den Direktor persönlich nicht, die Schul 
den des wirtschaftlich selbständigen Unternehmers 
bleiben seine persönlichen Schulden. Jedenfalls 
ist das gewiss, dass die meisten Arbeiter und An 
gestellten auch nicht im allerentferntesten eine 
Vorstellung haben von den Sorgen und Mühen, 
mit denen der wirtschaftlich Selbständige fast 
ständig zu kämpfen hat. Kommt nun zu diesen 
Sorgen noch der Zwang hinzu, dass der Unter 
nehmer, sich vorschreiben lassen muss, dass er 
Leute, die ihm hinderlich sind, die ihm Schwierig 
keiten machen, die es sich herausnehmen, oft auch 
noch in unpassender Weise mit ihm zu sprechen, 
obgleich die ganze Existenz des Werkes ihm allein 
die Entstehung und Erhaltung verdankt, vielleicht 
von ganz kleinen Anfängen heraus durch Tag- 
und Nachtarbeit, dann ist es gewiss verständlich, 
dass der Unternehmer unter diesem Zwang zu 
unerträglichen Verhältnissen kommt und sich nicht 
nur als den Mann erkennt, der alle Verantwortung 
zu tragen hat, sondern der auch noch direkt zum 
Sklaven seiner Leute gemacht wird. 
In Grossbetrieben ist es doch etwas anders. 
Dort betreten die Direktoren oft wochen- ja 
monatelang überhaupt nicht die Werkstätten oder 
Büros, kommen also mit den Angestellten und 
Arbeitern fast gar nicht in Berührung, entweder 
weil sie auf Reisen sind, oder ihnen bei der um 
fangreichen Arbeitslast überhaupt die Zeit fehlt, 
aus dem Arbeits- und dem Konferenzzimmer hin 
auszukommen. Dort steht der Direktor nicht 
besser, wie irgendein anderer Angestellter, denn 
es ereignet sich ja bekanntlich oft genug, dass der 
Aufsichtsrat dem Herrn Direktor einen Aufpasser 
vor die Nase setzt, meistens schon einen Nach 
folger, dem die Aufgabe dann zufällt, Material zu 
sammeln, um dem Herrn Direktor ein Bein stellen 
zu können und ihm zum gegebenen Augenblick 
den Stuhl vor die Türe zu stellen. Dass dem so 
ist, daran denken die allermeisten Herren gar- 
nicht. Nur sehr wenige haben die Qualitäten, 
auch menschlich weise an den Plätzen zu werden 
und zu bleiben, die ihnen eine bedeutende Macht 
über das Schicksal von Mitmenschen in die Hände 
geben. Nicht sehr selten erzeugt die Stellung 
Ueberhebung, erweckt sie Machtgelüste, und die 
wahre menschliche Natur offenbart sich in dem 
Wohlgefühl, nun zeigen zu können, dass man 
Macht in den Händen hat. Prüfen wir die Frage, 
nach welchen Gesichtspunkten Direktoren ge 
wählt werden, so sind es fast ausschliesslich Fach 
kenntnisse, die die Geeignetheit begründen, Eigen 
schaften, die eine geschäftlich erfolgreiche Tätig 
keit erwarten lassen. Die Werte, die den Kandi 
daten als Menschen kennzeichnen, treten in den 
Hintergrund, ja es wird meistens auf recht schnei 
dige Formen Gewicht gelegt, auf die Fähigkeit, 
sich energisch durchsetzen zu können. Dass diese 
Fähigkeit von sehr grosser Wichtigkeit ist, nament 
lich dann, wenn es sich um die Durchführung 
von Reformen handelt, ist gewiss ganz zweifellos. 
Wenn man eingehende Studien über die Charakter 
eigenschaften leitender Persönlichkeiten überhaupt 
anstellen wollte, so würde sich gewiss ergeben, 
dass die Männer, die in führende Stellungen ge 
langen, dieses Ziel nicht allein durch eine fach 
liche Geeignetheit erreichen, sondern vorwiegend
	        
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