Full text: Bremens Warenhandel und seine Stellung in der Weltwirtschaft

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Ladung dort löschen müssen. Das sind Verhältnisse, deren Vor 
bedingungen menschlicher Beeinflussung kaum zugängig sind. 
Anders aber ist es mit einigen sehr widrigen Gründen, die 
nicht in Naturverhältnissen ihre Erklärung und Entschuldigung 
finden, sondern persönlich sind. Hier ist eine Änderung sehr 
wohl möglich, und wenn sie erfolgt, dann — nach Abstellung 
dieser Übelstände also — darf eine gedeihliche Fortentwicklung 
mit Sicherheit erwartet werden. 
Der gewichtigstedieser korrigierbaren persönlichen Gründe, der 
ihr bisher hemmend entgentrat, liegt im Charakter des Bremers 
selbst. — Der ebene, schwere Boden, auf dem er wohnt, die graue, 
schwere Luft, die ihn umgibt, sind auf die Ausbildung des Wesens 
des Bewohners der »Wasserkante« nicht ohne Einfluß geblieben, 
ja man darf sie als sef^e Hauptbildner ansprechen. Eine gewisse 
geistige Schwere, eine Langsamkeit und Behäbigkeit ist dem Nieder 
sachsen angeboren. Diese Eigenschaften haben ihr Gutes insofern, 
als Nervosität fast unbekannt ist und kaltes Blut und rücksichts 
lose Energie die Durchführung einmal unternommener Pläne ver 
bürgen; sie haben aber auch ihre schlechten Seiten, denn sie arten 
leicht zur Gleichgiltigkeit aus. Allerdings liegt auch Hamburg 
unter demselben Himmel, doch kann man dem Hamburger nicht 
absprechen, daß er beweglicher, rühriger ist als der Bremer. Ich 
gehe nicht soweit wie Sombart (in seinem Aufsatze über den Anteil 
der Juden am Aufbau der modernen Volkswirtschaft im Februar 
heft der_|Äij||en Rundschau«), das Emporblühen Hamburgs in 
erster—Islj^^Bdem größerem Zuzug von Juden zuzuschreiben. 
Doch bin ctacfP ich der Meinung, daß der größere Einschlag 
heimatfremden Blutes bei Hamburg nicht ganz ohne Einfluß 
gewesen ist. Jedenfalls ist die größere Rührigkeit und lebhaftere 
Geschäftstätigkeit der Hamburger Kaufmannschaft eine nicht weg 
zuleugnende Tatsache. Bremen ist in mancher Beziehung kleinlich 
und kleinstädtisch geblieben. Die alten, reichen Kaufmannsge 
schlechter halten sich von jeder N euerung ängstlich fern, treiben Inzucht 
und ruhen auf den ererbten Geldsäcken aus. Von einem taten 
frohen Vorwärtsdrängen, von einem Erobernwollen fremder Gebiete 
ist im allgemeinen wenig zu bemerken: es ist ja bequemer, das 
Erworbene einfach zu behalten, sich auf die Pflege persönlicher 
Beziehungen, die vom Vater auf den Sohn vererbt werden, zu 
beschränken. Man kommt nicht aus den altgewohnten Gleisen 
heraus und merkt nicht, daß die Technik täglich neue Bahnen schafft, 
die den, der sich ihrer bedient, schneller zum Ziele führen. Früher
	        
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