zwanges haben wir die nominelle Freiheit errungen. Dies war der
Hauptzweck der liberalen Parteien am Anfang der industriellen Pe
riode. Nach der politischen Freiheit haben wir getrachtet, indem wir
die Anerkennung als Staatsbürger forderten. Trotzdem finden wir,
daß wir von der Wirklichkeit noch weit entfernt sind. Der erträumte
Staat schimmert erst am Horizont. Die Freiheit ist nicht die Erfüllung
der negativen Forderung, in Ruhe gelassen zu werden; ihre Bedin
gungen können nicht durch ein Gesetzbuch von Negierungen aufrecht
erhalten werden. Sie wohnt weder in den innersten Höfen der poli
tischen Tempel noch wird sie in der Erfüllung von Verträgen gefun
den. „Gib dem Staate, was nötig ist, den Rest behalte für dich“, sagte
ein französischer Philosoph, indem er in aphoristischer Zierlichkeit die
mechanische Auffassung von den Beziehungen zwischen dem Menschen
und der Gesellschaft geschickt darlegte. Die Freiheit des organischen
Verhältnisses des Individuums zu seinen Mitgenossen und zu seiner Ge
sellschaft muß erst noch entdeckt werden. In einem ordentlich ver
walteten Staate gibt es zwischen einem Menschen und seiner Gesell
schaft, zwischen individueller und sozialer Betätigung, ebensowenig
eine Antithese, als zwischen einem Organe des Körpers und dem Kör
per als Ganzem. Noch gibt es zwischen Freiheit und Zwang eine Gegen
sätzlichkeit moralischer Natur. Das „Recht“ des Verbrechers ist, von
seinem Verbrechertum geheilt zu werden. Sicher ist, daß die Organi
sation des wirtschaftlichen Staates, nach dem sich die Sozialisten seh
nen, weder die individuelle Initiative noch das individuelle Streben ver
nichten, wohl aber, daß sie sie beide fördern und kräftigen wird. Weit
davon entfernt, das Eigentum an solchen Dingen aufzuheben, die die
Persönlichkeit für Nahrung im weiteren Begriff fordert, wird sie in
Wirklichkeit zum erstenmal jedem, der Dienste leistet, den Besitz sol
cher Objekte ermöglichen. Die Veranlassungen und Motive, die heute
zur Kapitalanhäufung anspornen, vom persönlichen Genießen bis zur
Testierung seines Vermögens an seine Erben, werden auch nicht unter
dem Sozialismus verschwunden sein. Nur eins wird nicht mehr mög
lich sein. Niemand wird mehr für eigene Zwecke Eigentumsformen
monopolisieren und ausbeuten können, die die Freiheit großer Volks
massen beschränken, sobald sie auf privaten Rechtstiteln beruhen.
Die von dem Sozialismus erzwungenen wirtschaftlichen Beschränkun
gen werden dadurch gerechtfertigt werden, daß sie erforderlich sind,