Full text: Merck's Warenlexikon für Handel, Industrie und Gewerbe

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Kümmel 
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Kümmelöl 
als ein rankender Strauch in Ostindien und auf 
einigen zugehörigen Inseln wächst und nament 
lich auf Java im großen angebaut wird. Sie 
bilden schwärzlichgraue, dem eigentlichen Pfeffer 
an Größe ähnliche Körner, die jedoch nicht so 
dunkel gefärbt und netzartig gerunzelt sind. 
Von ihrem gedrehten, nicht leicht abzubrechen 
den Stiel, der etwas länger als die Frucht ist, 
haben sie den Beinamen geschwänzter Pfef 
fer erhalten. Die Frucht wird vor der völligen 
Reife gesammelt und gewöhnlich gepulvert in 
den Handel gebracht. Das rotbraune Pulver 
riecht stark und eigentümlich gewürzhaft. Der 
Geschmack ist ebenso und dabei pfefferartig 
brennend, widerlich und lange anhaltend. Als 
wesentliche Bestandteile enthält es harzartige 
Kubebensäure, Kubebin und ein hellgrünes 
oder blaugrünes, seltener farbloses ätherisches Öl 
(io—i8°/o), das Kubebenöl (lat. Oleum Cube- 
barum) vom spez. Gew. 0,915—0,930 bei 15° C. Die 
K. finden als Pulver und Extrakt medizinische An 
wendung gegen Tripper, haben aber unangenehme 
Nebenwirkung auf das Verdauungssystem und 
rufen in stärkeren Dosen Vergiftungserscheinun 
gen hervor. Bisweilen werden an ihrer Stelle 
ähnlich aussehende Früchte anderer Pflanzen, 
z. B. Kreuzdornbeeren u. a. verkauft. Vor allem 
tauchten auf dem englischen Markte vor einigen 
Jahren falsche K. auf, die aus China und Kot- 
schinchina stammten und nur daran zu erkennen 
waren, daß sie sich leicht in ihre beiden öligen 
Samenlappen zerteilen ließen. Sie sollen von 
Daphnidium Cubebae herrühren. Alle diese 
untergeschobenen Erzeugnisse sind frei von Ku 
bebin und unterscheiden sich von den echten 
dadurch, daß sie sich nicht, wie letztere, mit 
konz. Schwefelsäure rot färben. 
Kümmel (Garbe, lat. Fructus s. Semen carvi, 
frz. Semences de carvi, engl. Caraway seed), 
besteht aus den auseinandergefallenen Teilfrücht 
chen der zu den Umbelliferen gehörenden 
Kümmelpflanze, die zwar auf allen Wiesen und 
Triften zu finden ist, aber zur Deckung des 
großen Bedarfs auch vielfach angebaut wird. 
Die Pflanze verlangt einen guten tiefgründigen 
Boden, in den sie mit starker Pfahlwurzel hinab 
geht, und verbleibt zwei Jahre im Felde. Die 
Samen werden entweder zeitig im Frühjahr oder 
besser schon im Herbste vorher in Beete gesät 
und die Pflanzen reihenweise in den Acker 
versetzt, der dann bis zur Ernte im nächsten 
Sommer wiederholt behackt und gereinigt wer 
den muß. Da der Samen sehr ungleich reift und 
leicht ausfällt, zieht man die Pflanzen, wenn 
die Körner der obersten Zweige reif sind, be 
hutsam aus und klopft sie über Tüchern ab, 
wobei die schwersten Samen erhalten werden. 
Dann werden die Pflanzen gebündelt, zum Nach 
trocknen aufgestellt und ausgedroschen. Der 
Anbau wird besonders in Holland und einigen 
Gegenden Deutschlands, namentlich bei Halle, 
Lützen, Erfurt, Hamburg und Nürnberg be 
trieben. Auch Rußland, Schweden und Norwegen 
liefern K., jedoch in geringerer, kleinkörniger 
Ware, die über Stettin und Lübeck eingeführt 
wird. ’ Die baltische und nach ihr die hollän 
dische gilt als die beste und teuerste. Auch wird 
der angebaute K., weil größer, ölreichex und 
wohlschmeckender, vor dem wilden bevorzugt. — 
Die etwa s mm langen, sichelförmigen Teil 
früchte zeigen fünf hervortretende hellere Rippen 
und dazwischen dunkler braune Teilchen mit je 
einem Ölstriemen. Außerdem treten auf dem 
fünfeckigen Querschnitt noch zwei Ölstriemen 
an der Innenfläche hervor. Die trockenen Früchte 
zeigen einen aromatischen Geruch und starken, 
scharfen, gewürzigen Geschmack. — Als wert 
bestimmender Bestandteil sind etwa 3—7% (nicht 
unter 3 °/o) ätherisches öl und daneben etwa 
12% fettes Öl, 3 0/0 Zucker, 20 °/o Stickstoffsub 
stanz, 4,5 °/o Stärke. 16,5 °/o stickstofffreie Extrakt 
stoffe, 20°/o Rohfaser, 14—15% Wasser und 
5—6 0/0 Asche vorhanden. Der Gehalt an Asche 
soll 7—8 °/o, an Sand 2 °/o nicht übersteigen. — 
K. wird als Volksmittel gegen Blähungen und 
Magenkrampf, in der Medizin zur Geschmacks 
verbesserung, in der Küche als Gewürz für 
Backwerk und Speisen benutzt. In der Likör 
fabrikation ist er durch das Kümmelöl mehr und 
mehr verdrängt worden. Als Verfälschung 
kommt, abgesehen von vereinzelt beobachteten 
fremden Umbelliferenfrüchten, fast nur die Bei 
mischung extrahierter Samen in Betracht, die 
an ihrer dunkleren, fast schwarzen Farbe und 
ihrer Geschmacklosigkeit leicht zu erkennen sind, 
auch meist zerquetscht erscheinen. 
Kümmellikör (Kümmelschnaps, Kümmel) 
wird fast nur auf kaltem Wege aus Kümmelöl 
oder aus Karvol, Feinsprit, weißem Zuckersirup 
und Wasser, selten noch direkt aus Kümmel 
samen durch Destillation bereitet. Man unter 
scheidet einfachen und Doppelkümmel, von denen 
der letztere stärker und süßer ist und auch mehr 
Kümmelöl enthält. Durch Zusatz anderer äthe 
rischer Öle oder Pflanzenauszüge werden Liköre 
von etwas abweichendem Geruch und Geschmack 
hergestellt, die im Handel besondere Namen, wie 
z. B. Berliner Getreidekümmel, Münsterländer 
Kümmel usw. führen. 
Kümmelöl (lat. Oleum carvi, frz. Essence de 
carvi, engl. Caraway oil), das ätherische Öl der 
Kümmelfrüchte, bildet, frisch bereitet, eine 
wasserhelle Flüssigkeit von starkem Kümmel 
geruch und -geschmack. Das spez. Gew. schwankt 
zwischen 0,905—0,918, die Drehung beträgt -(- 70 
bis -|-8o 0 . Seiner chemischen Zusammensetzung 
nach ist das K. in der Hauptsache ein Gemenge 
eines Kohlenwasserstoffs, Karven (Rechtslimo 
nen), mit einem sauerstoffhaltigen Bestandteil 
Karvon (Karvol). Beide lassen sich durch frak 
tionierte Destillation trennen, wobei das Karven 
zuerst, das schwerer flüchtige Karvon später über 
geht. Das letztere bildet einen besonderenHandels- 
artikel und wird unter dem Namen leichtlös 
liches K. zu höherem Preise verkauft. Da Karvon 
sich in einer Mischung von gleichen Teilen 
9S°/oigem Alkohol und destilliertem Wasser klar 
und ohne Trübung .auflöst, bleiben die mit ihm 
bereiteten Liköre völlig klar, während mit ge 
wöhnlichem K. hergestellte .trübe werden und 
filtriert werden müssen. Es ist v daher ratsam, 
stets nur die feinsten Sorten K. zu verwenden. 
Außer zu diesem Zwecke benutzt man das K. 
auch noch medizinisch gegen Magenkrampf, 
äußerlich zu Einreibungen sowie mit anderen 
Ölen gemengt zum Parfümieren von Seifen. In 
einigen Gegenden, namentlich in Thüringen, 
wird auch aus dem wild wachsenden Kümmel
	        
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