Full text: Graf Georg Kankrin in nationalökonomischer und finanzwirtschaftlicher Beziehung

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') Weltr. 111. — 2 ) wahrscheinlich von den Physiokraten, be 
ziehungsweise von A. Smith beeinflußt. — 3 ) Ök. 43. 
Sinn der hier zitierten Stelle anbelangt, wonach beide von 
Kankrin genannten Systeme, nämlich Agrikultur- und Mer 
kantilsystem, bei ihm »in eins zusammenfallen« sollen, so 
wird es wohl der sein, daß seine Lehre eine Art Synthese 
der beiden Systeme darstellen sollte. 
Vom Kankrinschen Standpunkte aus, vorausgesetzt, 
daß die von ihm angedeutete physiokratische Lehre nur den 
Ackerbau anerkennt und Industrie nebst Handel ausschließt 
und diese Lehre mit der wirklichen übereinstimmt, könnte 
man ja annehmen, daß in seiner Lehre eine Synthese der 
physiokratischen und merkantilistischen Doktrin auch einiger 
maßen stattfindet, indem nun bei Kankrin dem Ackerbau 
neben Industrie und Handel eine gebührende Stelle ange 
wiesen ist. Allein man muß nicht vergessen, daß selbst 
nach Kankrinscher Darstellung auch im Merkantilsystem der 
Ackerbau nicht ausgeschlossen ist. Und gegen die Stellung 
der Merkantilisten zum Ackerbau hat Kankrin, wie wir schon 
im vorhergehenden Kapitel gesehen haben, nichts einzuwen 
den gehabt, ja er hat die Merkantilisten sogar wegen des Vor 
wurfes, sie hätten »den Ackerbau hintangesetzt«, in Schutz 
genommen. 1 ) Auch seine eigene Stellung zum Ackerbau, 
wenn er den letzteren 2 ) auch »die Basis der Gesellschaft« 
nennt und von den ländlichen Beschäftigungen viel Löb 
liches zu sagen weiß, 3 ) ist in volkswirtschaftspolitischer Hin 
sicht, wie wir das noch in einem folgenden Kapitel sehen 
werden, eine ganz und gar merkantilistische. 
Von einer Synthese also in diesem Sinne kann bei 
Kankrin gar nicht die Rede sein. Was sonst noch den 
Anlaß zu dieser Annahme bei unserem Autor geben könnte, 
sind nur einzelne Spuren, die die physiokratische Lehre bei 
ihm hinterlassen hat und die wirklich nicht zu leugnen sind. 
So steht z. B. Kankrin insoweit in einer nicht zu fernen 
Verwandtschaft mit der physiokratischen Lehre, als er auf
	        
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