— 87 — •
hauptsächlich in den Händen des Hochadels. Nur ein Teil
von ihnen gehörte Großkaufleuten. Die Fabriken mit der
freien Lohnarbeit zählten zu den kleineren Etablissements.
Sie produzierten für den Bedarf der breiten Volksschichten.
In dieser Weise arbeitete vor allem die Baumwoll-Textil-
industrie, die sich im XIX. Jh. mächtig entwickelte. Sie
befand sich zum großen Teile in den Händen von Fabri
kanten, die sich aus der Mitte der Leibeigenen emporge
arbeitet hatten.
So gibt es denn am Anfang des XIX. Jh. in Rußland
die alte fronpflichtig bediente Fabrik, die in ihrer Entwickelung
infolge der Anwendung der unfreien Arbeit gehemmt wird,
und trotz ungünstiger Verhältnisse auch die neue, moderne
Fabrik, die auf kapitalistischer Basis fußt.
Diese neuzeitliche Fabrik, die ohne unmittelbare Unter
stützung seitens der Regierung blieb und die nur auf
Massenkonsumtion angewiesen war, hätte selbstverständlich
die englische Konkurrenz nicht aushalten können, wenn ihr
nicht die staatliche Protektionspolitik zu Hilfe gekommen wäre.
Und hier ist der Ort von der damals besonders in
Deutschland sehr berüchtigten protektionistischen Politik der
russischen Regierung zu sprechen. Kein geringerer unter
den Deutschen als Friedrich List fühlte sich berufen seine
bekannte Meinung darüber zugunsten Rußlands abzugeben.
»Es ist Torheit, — sagt er in seinem »Nationalen System« —
wenn man diese Fortschritte (d. h. diejenigen der russischen
Produktion und des russischen Handels) verkleinern will
und sich in Klagen über die Nachteile gefällt, welche dadurch
den nord-östlichen Provinzen Deutschlands verursacht worden
sind. Jede Nation wie jedes Individuum ist sich selbst am
nächsten. Rußland hat nicht für die Wohlfahrt Deutschlands
zu sorgen. Deutschland sorge für Deutschland, wie Rußland
für Rußland sorgt.« 1 ) Und Rußland hat zum Schutze seiner
Industrie von jeher seine Protektions- bezw. Prohibitions- i)
i) List 177/8. —