Vergesellschaftung und Gesellschaft. 253
Dich in besonderer Weise verhalten oder nicht verhalten, die wirkende
Bedingung dafür abgibt, daß mir ein Wollen zugehörig wird, einen
auf Dich bezogenen Unwert zu verwirklichen‘‘, jeder Anspruch wäre
also nur eine Aussage über eine besondere, den Anspruchadressaten
betreffende Unwertlage. Ganz abgesehen aber von dem allerdings
wichtigen Umstande, daß durch jene Formulierung die zahlreichen,
später zu erörternden „Gebote mit Dritt-Wahrungs-Behauptung“‘, also
gerade die meisten ‚„Staatsgesetze‘“ gar nicht gedeckt wären, die nicht
eine Aussage über einen bedingten Willen des Gebietenden, sondern
über einen bedingten Willen eines Dritten, z. B. eines Richters, ent-
halten, gibt es Fälle, in welchen jemand einem Anderen gegenüber
ein „„hypothetisches Urteil‘ über seinen, durch besonderes Verhalten des
Anderen bedingten Willen zu besonderem eigenen Verhalten fällt, einem
Anderen gegenüber eine entsprechende Vorhaben-Erklärung abgibt,
ohne einen Anspruch zu erheben. Sagt z. B. A zu B: „Wenn
ich krank werde, werde ich Dich leider nicht mehr unterstützen
können“, so kann B antworten: „Wenn Du mir nicht mehr Geld
gibst, werde ich leider den C um Hilfe bitten müssen“, wobei B
durchaus nicht die Absicht haben muß, gegen den A einen Anspruch
zu erheben, und zwar deshalb nicht, weil es ihm überhaupt wider-
strebt, an A. solche Ansprüche zu richten oder (und), weil er weiß, daß
es tatsächlich unmöglich ist, daß A im Falle seiner Erkrankung ihn
(den B) unterstützt. B zielt in solchem Falle lediglich auf einen be-
deutungsgemäßen Glauben des A, ohne einen Anspruch erheben zu
wollen, obwohl er sogar wissen kann, daß eine von B an C gerichtete
Bitte um Unterstützung ein auf den A. bezogener Unwert wäre, Ein
„Anspruch“ würde nur vorliegen, wenn B dem A gegenüber behaupten
würde, daß ihm ein Wunsch danach zugehöre, daß A ihn auch im
Falle eigener Erkrankung unterstütze, und ferner behaupten würde,
daß mit der Kundgabe jenes Wunsches eine den A betreffende
Unwertverwirklichungslage insoferne eingetreten sei, als Wissen des B,
daß A ihn nicht mehr unterstütze, gerade in Beziehung zu seinem
Wissen um die vorangegangene Kundgabe seines Wunsches
an A als grundlegender Bedingung die wirkende Bedingung für
die Verwirklichung eines auf. den A bezogenen Unwertes abgeben
werde, Das bloße „hypothetische Urteil‘, die bloße ‚Vorhaben-Er-
klärung‘“ von der Form: „Wenn Du dies tust oder nicht tust, werde ich
jenes tun‘ ist nicht einmal eine Behauptung, daß der Andere Etwas tun oder
unterlassen „solle“, denn daß jemand Etwas tun oder’ unterlassen „soll“;
heißt eben nichts anderes, als daß das Wissen einer besonderen
Seele darum, daß jemandem ein Wünschen bzw. ein Fürchten: in An-
spruch-Absicht kundgegeben wurde, als grundlegende Bedingung dafür
in Betracht kommt, daß die Erfahrung der ersteren Seele, der Kund-