Full text: Die drei Nationalökonomien

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wir einen wirtschaftlichen Zustand nicht aus einer Reihe bewußter 
Zwecksetzungen heraus verstehen können. So können wir aus den 
Zwecksetzungen der kapitalistischen Unternehmer zwar den „ab- 
soluten‘‘ Mehrwert im Marxschen Sinne, weiterhin auch die Ver- 
zrößerung der Betriebe als notwendiger, gewollter Mittel verstehen; 
nicht jedoch die Akkumulation des Kapitals oder den „relativen“ 
Mehrwert. Diese sind ungewollte Wirkungen, bleiben als solche aber 
verständlich. Kein Unternehmer will zunächst ein Kartell, er will 
sich nur auf dem Markte durchsetzen. Die Wirkung. dieses Strebens 
ist die Überfüllung des Marktes, die Gefährdung des Unternehmens, 
und diese wird Anlaß zu dem neuen Motiv des Unternehmers, sich 
mit seinen Konkurrenten zu einem Kartell zusammenzuschließen. 
Verstehbarer Zusammenhang. Oder: die Überfüllung des Marktes 
regt den Unternehmer an, seine Produktion einzuschränken, zu bud- 
getieren: abermals ein neues Motiv und ebenfalls ein verstehbarer 
Zusammenhang. 
Dieser Sachverhalt ist dem Logiker und Psychologen unter der 
von Wundt eingeführten Bezeichnung der „Heterogonie der 
Zwecke‘ bekannt. Wundt versteht darunter die Entstehung von 
Zwecken aus Nebenwirkungen und Folgen von Handlungen. Das 
Verhältnis der Wirkungen zu den vorgestellten Zwecken stellt sich 
eben so dar, daß „in der ersteren stets noch Nebeneffekte gegeben 
sind, die in den vorausgehenden Zweckvorstellungen nicht mit- 
gedacht wären, die aber gleichwohl in neue Motivreihen eingehen 
und auf diese Weise entweder die bisherigen Zwecke umändern oder 
neue zu ihnen hinzufügen‘ 10, 
Die Effekte der Willenshandlungen reichen immer über die ur- 
sprünglichen Willensmotive hinaus, und so entstehen neue Motive 
mit abermals neuen Effekten; auf diese Weise wachsen die Zwecke 
und Zweckmäßigkeiten, ohne daß die erreichten Ziele von vorn- 
herein erstrebt wurden!%. Die auf den verkehrtesten Vorstellungen 
10 W, Wundt, Grundriß der Psychologie. 5. Aufl. 1902. S. h0oof. Vgl. die 
inferessante Verwendung der Wundtschen Gedankengänge in der Behandlung 
der Rechts- und Staatsprobleme bei G. Jellinek, Allg. Staatslehre. 3. Aufl. 1914. 
S. 478. 
101. W, Wundt, Ethik. 2. Aufl, 1903. S. 266. Vgl. Rudol£ Eisler, Hand-
	        
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