SCHWEIZ
Inhalt im einzelnen
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schaftlichen Lage haben. An die Auspfändung und den Konkurs knüpfen sich
nun in der Regel gewisse Ehrenfolgen.
Art. 26 SchKG legt es in die Zuständigkeit der Kantone, die öffentlich-
rechtlichen Folgen der fruchtlosen Pfändung und des Konkurses festzustellen.
Die Kantone haben in sehr verschiedener Weise von dieser Kompetenz Ge
brauch gemacht. Es gibt solche, die den Ausgepfändeten und Konkursiten in
den bürgerlichen Ehren und Rechten nicht einstellen; es gibt aber auch kanto
nale Gesetze, die auch dann, wenn der wirtschaftliche Zusammenbruch ein un
verschuldeter war, dem Ausgepfändeten und Konkursiten die bürgerliche Ehren
fähigkeit, das heißt vor allem die Fähigkeit, in öffentlichen Angelegenheiten
zu stimmen und zu wählen, auf Jahre hinaus und sogar dauernd entziehen,
und ihn so mit einer Strafe belegen, die jedenfalls da jeder innern Berechtigung
entbehrt, wo die Katastrophe darauf zurückzuführen ist, daß der Schuldner zu
folge der gegenwärtigen Lage seine Aktiven nicht flüssig machen kann oder
keinen oder einen nur beschränkten Verdienst hat.
Der Bundesrat hat sich schon mehr als einmal (vgl. Bundesbl. 1874, III,
S. 43 ff., und 1882, III, S. 14 ff.) dahin ausgesprochen, daß es sich nicht recht-
fertigt, an die Auspfändung und an den Konkurs die Ehrenfolge des Stimm
rechtsentzugs zu knüpfen. Er scheut sich aber davor, bei der Verschieden
artigkeit der in dieser Hinsicht in den einzelnen Landesteilen und Kantonen
bestehenden und eingewurzelten Rechtsanschauungen die Frage für die Zeit der
Kriegswirren selbst zu lösen. Es muß also die materielle Regelung der Sache
zurzeit noch in der Hand der Kantone belassen werden.
Sollte sich nun aber, wie vorauszusehen ist, in einzelnen Kantonen das
Bedürfnis zeigen, die geltenden, harten Ehrenfolgengesetze zu mildern, so wird
dies vielerorts praktisch unmöglich sein, weil eine Gesetzesrevision erforderlich
wäre und diese nicht oder nicht rasch genug erfolgen könnte. Wir delegieren
daher in Artikel 24 der Verordnung - wie es in ähnlicher Weise der
Artikel 52 Absatz 2 des Schlußtitels des schweizerischen Zivilgesetzbuches
getan hat - die dem Bunde in dieser Materie zustehende Gesetzgebungs
kompetenz an die Kantonsregierungen und ermächtigen sie für die Zeit der
Kriegswirren, die öffentlich-rechtlichen Folgen der Auspfändung und des
Konkurses festzustellen.
Artikel 1.
Wird nach Vertrag eine vor dem 31. Juli 1914 entstandene Geld
forderung bei Verzug in der Entrichtung von Zinsen, Amortisationen und
Ratenzahlungen vorzeitig fällig, oder sind in diesem Falle Strafzinsen zu be
zahlen, so kann der Richter auf Begehren des Schuldners anordnen, daß diese
Folgen ganz oder teilweise als nicht eingetreten gelten, wenn der Schuldner
glaubhaft macht, daß der Zahlungsverzug die Folge der durch die Kriegswirren
herbeigeführten wirtschaftlichen Verhältnisse ist, und wenn durch Gutheißung
des Begehrens dem Gläubiger nicht ein unverhältnismäßiger Nachteil zuge
fügt wird.