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genug Goldmarken in der Hand haben, die sie ver
schicken können, kann der Devisenkurs nicht über
jenen Punkt hinaussteigen, der durch die Ver
sandkosten und die Einlösungskosten des Goldes
in Oesterreich-Ungarn gegeben erscheint. Man
nennt diesen Punkt den oberen Goldpunkt für den
Goldexport. In gleicher Weise existiert ein Punkt,
wo es dem Oesterreicher oder Ungarn, der ge
nügend Gold in der Hand hat, zweckmäßig er
scheint, Gold nach Deutschland zu importieren,
statt deutsche Devisen zu kaufen ; das ist dann
der untere Goldpunkt für den Goldimport nach
Deutschland, d. h., dadurch, daß zwei Länder
Gold und damit auch Goldmünzen ankaufen, ist
für die Kursschwankungen der Devisen eine obere
und eine untere Grenze gegeben, solange in beiden
Ländern die ans Ausland zahlenden Kaufleute ge
nug Goldmünzen in der Hand haben.
Der letzte Zusatz ist wichtig. Wenn ein
deutscher Kaufmann nur Marknoten hat, so kann
er sich jederzeit Gold bei der Deutschen Reichs
bank besorgen, da dieselbe verpflichtet ist, die
Marknoten in Gold einzulösen. Das Gleiche gilt
aber nicht für Oesterreich-Ungarn, denn die Noten
bank der Monarchie ist nicht verpflichtet, für die
Noten Gold herzugeben, obgleich diese
Verpflichtung auf jeder Note auf
gedruckt ist. In dem gleichen Statut, wel
ches die Bank verpflichtet, auf jede Note aufzu
drucken, daß sie in Metallgeld eingelöst wird,
befindet sich ein Paragraph, der die Bank von
dieser Verpflichtung entbindet. Das ist historisch
zu erklären. Man nahm an, daß der Zustand der
fehlenden Barzahlung nur ein provisorischer sei.
Aber selbst wenn die österreichisch-ungarische
Bank die Barzahlungen aufnehmen würde, könnte
der Kaufmann nicht damit rechnen, Gold zu er
halten, da ihm die Bank jederzeit Silbergulden
aufdrängen könnte, weil Silbergulden — obgleich
sie Zeichengeld sind — in unbeschränkter Menge
in Zahlung genommen werden müssen, ohne
daß man für sie Goldmünzen erhalten könnte.
Da nun Oesterreich-Ungarn dem Kaufmann
der eine Zahlung nach Deutschland zu leisten
hat, kein Gold zur Verfügung stellt und wenig
Gold im Umlauf ist, kann der Kaufmann in
Oesterreich-Ungarn nicht wie der Deutsche er
klären: «wenn der Devisenkurs zu hoch steigt,
exportiere ich Gold». Es könnte daher nach dem
bisher Gesagten der Devisenkurs der englischen,
französischen und deutschen Devisen in Wien
oder Budapest ohne Grenze ansteigen. Damit
dies aber nicht geschieht, hat die Bank die ge
setzliche Verpflichtung, Devisen zu einem annehm
baren Kurse abzugeben. Die obere Grenze, zu
der die Bank noch Devisen abgeben darf, ist
aus Geschäftsrücksichten in einem Geheimvertrag
zwischen den Regierungen und der österreichisch
ungarischen Bank festgesetzt worden.
In Deutschland kann das Schwanken der De
visenkurse dadurch in zwei Grenzen eingeschlossen
werden, daß ein Kilogramm Gold zu einem be
stimmten Preis gekauft wird und daß für Noten
jederzeit Gold abgegeben wird, ln Oesterreich-
Ungarn ist das erste Mittel ebenfalls in Verwen
dung, das zweite ist aber durch die Maßnahme
ersetzt, daß statt Gold Devisen abgegeben
werden.
Die Tatsache, daß die Noten der österrei
chisch-ungarischen Bank nicht in Gold, sondern in
Golddevisen einlöslich sind, gibt der Bank eine
große Macht auf dem Geldmärkte. Nicht der ein
zelne Kaufmann kann Goldversendungen vorneh
men, vielleicht zum Schaden des gesamten
Zahlungswesens, sondern in großem Stil nur die
österreichisch-ungarische Bank, welche den ge
eigneten Zeitpunkt zu wählen vermag. Die Bank
hat es auch in der Hand, die Devisenspekulation
zu hemmen, die häufig dazu verwendet wurde,
daß einzelne Spekulanten Vorteile, die Importeure
aber z. B. Nachteile hatten. Die Einzelheiten die
ser verschiedenen Maßnahmen zu schildern, ist
hier nicht Platz. Wir sehen jedenfalls, daß die
Währung eng mit dem internationalen Zahlungs-
wesen zusammenhängt und daß die Inlandszirku-
lation wesentlich andere Vorkehrungen erheischt,
wie die Auslandszirkulation.
Es fragt sich nun, weshalb denn überhaupt
die Aufrechterhaltung der Devisenkurse so wichtig
ist. Wie ich schon andeutete, ist sie im Interesse |
des internationalen Handels gelegen. Wenn die
Devisenkurse stark schwanken, dann ist deU
Kaufmann, der z. B. Waren aus dem Auslande
importiert, um sie zu verkaufen, die Kalkulation
sehr erschwert. Im allgemeinen wird er ja nicht
sofort, sondern erst in einigen Monaten zahlen-
Sind die Schwankungen der Devisenkurse sehr
groß, so kann er unverhofften Gewinn oder un-
verhofften Verlust erleiden, ganz abgesehen davotU
daß er zum Börsenspiel geradezu angereizt wird- j
Er kann sich in der Weise vor den Kursschwan
kungen schützen, daß er mit einer Bank einet 1 J
Vertrag schließt, auf Grund dessen ihm zu einen 1
bestimmten Termin, der einige Monate entfernt
ist, die Devise zu einem heute schon be
stimmten Kurs zugesichert wird. Dafür
muß er aber der Bank eine Entschädigung füG
das Risiko zahlen, welches sie trägt, so daß di e
Devisenschwankungen ständig den Import be- [
lasten. Soweit dadurch der Import erschwert wird,
könnte man von einer Art Schutzzoll sprechen,
nur daß dieser Schutzzoll die Eigenschaft hat, I
alle Güter in gleicher Weise zu belasten, diejeni
gen, welche im Inland dringend zum Aufschwung
nötig sind und daselbst gar nicht erzeugt werden,
ebenso wie die, welche im Inlande produziert
werden.
Wir sehen, daß die Bedeutung der Goldwäh
rung auf internationalem Gebiet liegt. Der Gold
schatz der Bank, der Bestand an Golddevise 11
ermöglicht im Auslande den Kurs des österreicb'-
schen Geldes zu beeinflussen, vor allem aber ver
mag die Bank dem Staat in schweren Zeite 11
beizuspringen. Insbesondere in Krieg 5 '