Full text: Einführung in die Kriegswirtschaftslehre

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wir z. B. an, ein Kaufmann leihe fünf anderen, 
wie wir dies in Tabelle XVIII. im Fall I andeuten, 
je 100 K, jeder zahlt ihm das Geld mit 4°/ 0 
Zinsen zurück. Der Kaufmann leiht zu einer anderen 
Zeit, im Falle II, wieder je 100 K her. Er weiß 
aber, daß durchschnittlich jeder fünfte Schuldner 
in Konkurs geht. Will er nun eine 4°/ 0 ige Ver 
zinsung seines Kapitals erzielen, so muß er 30°/ 0 
Zinsen verlangen. Diejenigen, welche dann nicht 
Konkurs machen, zahlen gewissermaßen für den 
jenigen, der Konkurs macht, die Risikoprämie an 
den Gläubiger, dessen Geld sich freilich nur mit 
4°/ 0 verzinst. Wenn man daher aus dem Zinsfuß 
etwas ablesen will, muß man immer den Zinsfuß 
risikoloser Geschäfte ins Auge fassen, da derZins- 
fuß bei gewöhnlichen Darlehen immer eine Risiko 
prämie von wechselnder Größe enthält. Solche 
allzu großen Ertrag erzielen. Man wird sei 
also praktisch wohl nur als Notbehelf betrachten 
müssen. 
VIII. Organisation der unmittelbaren Realienbe 
schaffung. 
Nachdem wir nun die Frage erörtert haben, 
in welcher Weise der Staat sich Geldmittel be 
schaffen kann, um im Kriegsfall Realien zu kau 
fen, wollen wir jetzt auf die schon erwähnte 
Möglichkeit übergehen, die Realien unmittelbar, 
nicht auf dem Umweg durch Geldbeschaffung und 
Kauf dem Staat zur Verfügung zu stellen. Wir 
sehen auf den ersten Blick, daß die unmittelbare 
Realienbeschaffung im Kriegsfall häufiger eine 
Rolle spielen wird, als in Friedenszeiten. Wir 
Tabelle XVIII. 
Zinsfuß und Risikoprämie 
Schuldner 
Im 
Zinsfuß 
A 
B 
C 
D 
E 
ganzen 
der 
Schuldner 
des 
Gläubigers 
Fall 1 
Hergeliehene 
Summe 
100 
100 
100 
100 
100 
500 
■ 4°/ 0 
4°/ 0 
Zurückgezahlte 
Summe 
104 
104 
104 
104 
104 
520 
Fall 11 
Hergeliehene 
Summe 
100 
100 
100 
100 
100 
500 
' 30°/ o 
4°/ 0 
Zurückgezahlte 
Summe 
130 
130 
130 
130 
Konkurs 
520 
Risikoprämien sind oft auch in den Zinsen ent 
halten, die ein Staat für seine Anleihen be 
willigen muß. 
4. Steuer. 
Was eine Steuer anlangt, die Weltgeld be 
schaffen soll, so hat sie wohl ebensowenig Aus 
sicht auf besonderen Erfolg, wie eine Weltgeld 
anleihe im Inland. Wenn man die im Volke vor 
handenen Weltgeldmassen, vor allem Gold, das 
zu Schmuck etc. verarbeitet ist, erhalten will, ist 
man immer auf den guten Willen der Bevölkerung 
angewiesen. In diesem Falle dürfte zuweilen die 
Aufforderung zur freiwilligen Ablieferung des Edel 
metalls noch mehr Aussicht auf Erfolg haben- 
Wir wissen, daß in den Freiheitskriegen Gold 
schmuck von allen Seiten herbeigebracht wurde: 
«Gold gab ich für Eisen». Wir dürfen aber nie 
vergessen, daß Leute, die bereit sind, sich im 
Felde totschießen zu lassen, eventuell Schwierig 
keiten machen, wenn der Steuerbeamte Gold 
schmuck von ihnen verlangt. Selbst im günstigsten 
Falle dürfte eine solche Goldsteuer nicht 
müssen dabei die Requisitionen der Armee im 
Operationsraum von jenen trennen, die außerhalb 
des Operationsraumes zur Verpflegung der Armee 
und der Zivilbevölkerung eventuell vorgenommen 
werden. 
Die Armee im Operationsraum wird heute im 
allgemeinen bemüht sein, «vom Lande zu leben», 
ein Verfahren, das auch in früheren Perioden 
schon gebräuchlich war, dann aber wieder abkam. 
Die Napoleonischen Kriege haben dieser Me 
thode eigentlich erst wieder zur allgemeinen 
Anerkennung verholfen. Dies «Leben vom Lande» 
kann mit Hilfe des Kaufes oder aber mit Hilfe 
der Requisition erfolgen. Da im Operationsraum 
Produktion, Export und Import so gut wie ganz 
stocken dürften, wird sich die Beschaffung von 
Naturalien auf solche beschränken, die als Vor 
räte vorhanden sind. Die Requisition fügt sich dort 
nicht einem normalen sozialen Leben ein. 
Anders verhält es sich mit der unmittelbaren 
Realienbeschaffung hinter der operierenden Armee. 
Nehmen wir z. B. an, es werde in Rußland Krieg 
geführt, aber in Ungarn zu diesem Zweck requi
	        
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