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Wir sahen, daß das Moratorium vor allem
auch dazu dient, die Gesamtheit der von allen
Banken gewährten Kredite nicht plötzlich zu re
duzieren. Wenn also dieser Kaufmann etwa
10.000 Kronen benötigt, so würde es sich darum
handeln, zu bewirken, daß sie den Schuldnern
nicht gekündigt werden müssen. Dies kann in
der Weise etwa erfolgen, daß die Zahlung an den
Rohstofflieferanten nicht in Noten oder Metall
geld erfolgt, sondern nur durch Ueberschreibung
in den Büchern der Bank. Dem Rohstofflieferan
ten müßte eventuell ein neues Konto eröffnet
werden.
Man könnte sich aber auch denken, daß
alle großen Banken, die Notenbank an der Spitze,
ein Konsortium bilden, das für alle Einlagen ge
meinsam haftet und Ueberweisungen von Konto
zu Konto zuläßt, mit der ausdrücklichen Bestim
mung, daß eine Barabhebung nicht erfolgen darf.
Das heißt, das Moratorium würde nur insoferne
Geltung haben, als man diesem Banksystem Geld
entziehen will, nicht aber insoweit
man innerhalb des Banksystems
Girozahlungen leistet. Es würde ge
wissermaßen nur Schecks zur Verrechnung, nicht
aber Schecks zur Barabhebung ausgestellt werden
dürfen. Die Gesamtheit der Gelder,
welche bei dem Banksystem als
Einlagen vorhanden sind, bliebe
konstant. Wenn jeder verpflichtet wäre,
solche Zahlungen anzunehmen und sich die zwangs
weise Eröffnung eines Kontos gefallen lassen
müßte — da ja nicht jeder, dem gezahlt wird,
bereits Kontoinhaber sein würde — und der Staat
diese Zahlungen mit seiner Autorität deckt, hätten
wir es mit staatlich organisiertem uneinlös
lichem Girogeld zu tun.
Erfahrungen dieser Art hat man im Jahre
1907 während der nordamerikanischen Krise ge
macht, die auch wir zu spüren bekamen. Damals
schloß sich eine Gruppe von Banken zusammen
und schuf ein Garantiesystem, welches eigene
Zertifikate ausgab. Während aber dieses unein
lösliche Girogeld, das als Privatgeld zu bezeich
nen wäre, nur unvollständig mit Metall gedeckt
war, — der Rest war durch die Forderungen der
Banken gedeckt — gab es im 17. Jahrhundert
bei der Bank von Amsterdam vollständig mit
Metall gedecktes, uneinlösliches Girogeld. Wer
Wechselschulden über eine bestimmte Summe zu
zahlen hatte, mußte dies in der Weise tun, daß
er, falls er nicht bereits ein Konto bei der Bank
von Amsterdam besaß, durch Hinterlegung von
Silber eines erhielt. Durch Giroüberweisung konnte
er dann die Wechselschuld begleichen. Der Emp
fänger konnte über das Geld giromäßig verfügen,
aber er durfte das Silber nicht beheben. Wohl
aber konnte er sein Konto einem Dritten ver
kaufen. Auf diese Weise wollte man in den
Niederlanden die kommerziellen Zahlungen mög
lichst konzentrieren. Da es für den internatio
nalen Verkehr sehr wichtig war, in Amsterdam
ein Konto zu haben, konnte es Vorkommen,
daß Amsterdamer uneinlösliches Girogeld mit
einem Agio gegenüber dem gewöhnlichen Gelde
notierte.
Das uneinlösliche Girogeld ist gar keine so
sonderbare Geldsorte, wie viele glauben, sind wir
doch in Oesterreich-Ungarn an uneinlösliches
Zeichengeld gewöhnt, da wir doch uneinlösliche
Noten besitzen. Prinzipiell sind diese beiden Geld
typen durchaus gleichartig. Das uneinlösliche
Girogeld hat nur den großen Vorteil, daß man
es genau in seiner Zirkulation kontrollieren kann,
was gerade in Kriegszeiten von erheblicher
Wichtigkeit ist. Seine Deckung ist faktisch nach
geltendem Recht freilich eine anders geartete.
Vor allem bestehen für dasselbe keine Deckungs
vorschriften. Während die österreichisch-ungarische
Bank ihr Notengeld mit 2 /s in Metall decken
muß, hat sie bezüglich der Girokonten keine
besondere Verpflichtung. Dies ist eigentlich eine
gewisse Inkonsequenz, da die Girokonten ebenso
wie die Notenemission durch Wechseldiskontierung
vergrößert werden können. Diskontiert einer einen
Wechsel bei der Bank, so kann er die ihm zu
kommende Summe sich entweder bar auszahlen
oder aber seinem Girokonto gutschreiben lassen.
Diese verschiedene Behandlung von Girogeld und
Notengeld kann es der österreichisch-ungarischen
Bank in Kriegszeiten ermöglichen, der Regierung
größere Kredite in Form von Girogeld zu ge
währen, wenn sie dies auf dem Wege der Noten
emission nicht kann. Sie vermag dies zu tun,
ohne die formellen gesetzlichen Bestimmungen zu
verletzen, was ja vielfach als ein großer Vorteil
empfunden wird.
Der Ausbau des Giroverkehrs ist so von
großer Bedeutung für den Kriegsfall, und es ist
durchaus im Interesse der Heeresverwaltung ge
legen, das Girowesen möglichst auszubauen. In
welcher Weise dies geschehen kann, ist eine
Detailfrage. Es kann dabei die österreichisch
ungarische Bank mitwirken, oder aber die Post
sparkasse, welche durch ihre weite Verbreitung
viele Vorteile aufweist. Wie man im Kriegsfälle
die Giroüberweisung bis zur Armee hinausträgt,
welche Rolle dabei die Feldpost pielen könnte,
will ich hier nicht weiter erörtern; der Hinweis
auf diese Probleme mag genügen.
Wenn es zur Schaffung uneinlöslichen Giro
geldes im Kriegsfälle kommen sollte — wobei
selbstverständlich zunächst nur an solche Zah
lungen zu denken ist, die größere Be
träge ausmachen — würde wohl vor
allem die Postsparkasse herangezogen werden,
da ja das Postsparkassenkonto durch die Ein
lagenbüchel weitesten Kreisen vertraut ist. In
welcher Weise die Spareinlagen in Girokonten
umzuwandeln wären und in welchem Ausmaße,
ist ebenfalls eine Detailfrage. Jedenfalls sehen
wir, daß die Basis für eine Popularisierung des
uneinlöslichen Girogeldes wohl gegeben erscheint.
Durch die Einführung des uneinlöslichen
Girogeldes wird die Menge des für Zahlungen