Verteilung aller Eenußmittel an den einzelnen Volksgenossen ohne jede Rück
sicht auf die Verschiedenartigteit ihrer Stellung im Produktionsprozeß. Es
ist schwer zu verstehen, wie diese roheste und primitivste aller Rechtsordnun
gen und Gesellschaftssysteme in einem so geistvollen Gelehrten wie dem
Wiener Rechtslehrer Anton Menger („Reue Staatslehre" 1903) einen Ver
teidiger finden konnte.
Durchaus verschieden vom Sozialismus ist weiter der sogen. „Staats-
f o z i a l i s m u s". Seine Vertreter, zu denen die angefehendsten Lehrer der
nationalökonomischen Wissenschaft gehören wie Adolf Wagner, Gustav v.
Schmoller, Johannes Conrad, v. Schönberg, Lexis, Cohn, Held und zahl
reiche andere, halten grundsätzlich am Privateigentum an den Produktions
mitteln fest, nur in einzelnen Fällen ersetzt der Staat aus überwiegenden
Gründen des Gemeinwohles durch das Staatseigentum. Rur da, wo der
freie Arbeitsvertrag zu Mißständen führt, führt er einzelne Beschränkungen
desselben ein, etwa durch Statuierung des Normal- oder Maximalarbeits
tages, gesetzliche Mindestlöhne, genügenden Arbeiterschutz u. dgl. m. Seit
Jahrzehnten bereits vertritt in Deutschland insbesondere der in Eisenach
in der Pfingstwoche 1872 durch die vorhin erwähnten Männer ins Leben
gerufene äußerst verdienstvolle und segensreiche „Verein für Sozialpolitik",
der sich durch seine bisher veröffentlichten 186 Bände umfassenden „Unter
suchungen" unserer sozialwirtschaftlichen Verhältnisse einen weithin be
rühmten Namen erworben und vielfach bahnbrechend und befruchtend aus
die. deutsche Sozialgesetzgebung eingewirkt hat, diese staatssozialistische Rich
tung. Sie ist in der nationalökonomischen Wissenschaft seit geraumer Zeit
bereits die entschieden vorherrschende geworden. Als anfangs der 70er
Jahre des verflossenen Jahrhunderts zum ersten Male die so gesinnten In
haber der nationalökonomischen Lehrstühle in Deutschland weitgehende Ein
griffe des Reiches und Staates in die private Wirtschaft zu Gunsten der
wirtschaftlich Schwachen verlangten, suchte die damals noch herrschende extrem
freihändlerisch-liberalistische Schule vor ihren Bestrebungen dadurch abzu
schrecken, daß man die Sozialreformer geringschätzig als „Katheder-
fogialisten" bezeichnete. Dieser zuerst von dem liberalen Führer Vamberger
aufgebrachte Spottname ist im Lauf der Zeit seitdem geradezu zu einem
Ehrennamen geworden.
Hinsichtlich der Begründung und Rechtfertigung ihres Zieles einer völli
gen Neugestaltung der Rechts- und Wirtschaftsordnung zerfällt die große
Zahl der sozialistischen Systeme in zwei große Gruppen: „in den älteren,
sogen, „rationellen" oder „ideologischen" Sozialismus und in den jüngeren
sogen, „wissenschaftlichen", im wesentlichen auf dem Lehrgebäude des Karl
Marx und seines unzertrennlichen Busenfreundes Friedrich Engels be
ruhenden Sozialismus. Nur dieser wirkt heute als lebendige Kraft auf
die breiteste Arbeiterbewegung der ganzen Welt und die Wirklichkeit der
Dinge ein. Nur mit ihm haben wir uns daher in unseren späteren Dar
legungen eingehend gu befassen. Nur mehr einleitend haben wir vorher den
nationalen Sozialismus eines Ferdinand Lassalle und die Hauptvertreter
des Anarchismus vor unserem geistigen Auge kurz vorüberziehen zu lassen.