Mirrleiturrg.
* Dir geschichtliche Entwickelung des Verkehrswesens.
icaulay, der berühmte englische Geschichtsforscher, hat mit Recht die Ansicht
ausgesprochen, daß von allen Erfindungen, Buchstabenschrift und Drucker
presse allein ausgenommen, diejenigen, welche eine Abkürzung der Ent
fernungen herbeiführten, am meisten zu einer Förderung der Zivilisation
beigetragen haben und noch beitragen.
Jede Verbesserung der Verkehrsmittel ist in der That für die Menschheit ebensowohl
ein intellektueller und moralischer, wie ein materieller Vorteil und erleichtert nicht nur
den Austausch der verschiedenen Natur- und Kunsterzeugnisse, sondern trägt gleicherweise
dazu bei, nationale und provinziale Gegensätze zu beseitigen oder doch wenigstens aus
zugleichen, und bringt somit alle Zweige der großen Menschenfamilie einander näher. Dem
Verkehrswesen ist sonach eine hochbedeutsame Rolle in der Entwickelungsgeschichte der
Menschheit zuzuerkennen, und es ist als ein Hauptelement in der Gestaltung des jeweiligen
Kulturzustandes zu betrachten, wie denn auch stets sowohl das Blühen und Gedeihen der
Völker, als deren Verfall auf das engste mit dem Entstehen und Vergehen des Verkehrs
verknüpft war.
Solange die Erde noch nicht in der jetzigen Ausdehnung dem Handel und dem
gegenseitigen Verkehr erschlossen war, zeigten die Verkehrsrouten naturgemäß eine ge
bundenere Form. Durch die Vermittelung zwischen denjenigen Länderkomplexen, welche
an den beiden jeweiligen entgegengesetzten Enden der bekannten Welt lagen, entstand der
Welthandel, welcher zu verschiedenen Zeiten ein verschiedenes Gepräge besaß. Die
Verkehrswege, auf welchen sich der Welthandel bewegt, bilden die Welthandelsstraßen.
Für die Geschichte des Verkehrs ist eine Geschichte dieser Welthandelsstraßen von besonderer
Bedeutung. Den berührten Ländern wird durch den Weltverkehr ein großer Vorzug zu
teil, indem auch der provinzielle und lokale Handel eines solchen Landes eine sehr günstige
Beeinflussung erfährt. Diese großen Vorteile lassen die Bemühungen der verschiedenen
Völker, an diesem wertvollen Gute einen gewissen Anteil zu erlangen, nur zu erklärlich
erscheinen. Die Gestaltung der Verhältnisse, durch welche einer Handelsstraße ihre Be
deutung entzogen wird, liegt außerhalb der Macht der Menschen, und keine Nation ver
mag auf die Dauer gegen etwaige Veränderungen anzukämpfen. Wenn auch bei dem
Niedergänge Venedigs die eigene Schuld nicht ganz ausgeschlossen war, so muß doch
dieses Ereignis in der Hauptsache als eine unabweisbare Folge der Entdeckungen eines
Kolumbus und eines Vasco de Gama angesehen werden.
Im Altertum war die Richtung der Welthandelsstraße von Ost nach West gerichtet,
die Phönizier wiesen durch die Erschließung Europas dem Welthandel seine Bahn an.
Durch die Thätigkeit der Griechen und Römer trat allmählich an die Stelle dieser einen
Welthandelsstraße ein Straßennetz, das mit der fortschreitenden Handelsentwickelung und
der immer weiter ausgedehnten Erschließung der Erde eine immer größere Ausbreitung
und dabei ein immer dichteres Maschenwerk erhalten hat.
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